Gladbeck. Aus dem „Just Transition Fund“ der EU sollen 100 Millionen Euro fließen. Dafür muss sich Gladbeck zusammentun mit Dorsten, Bottrop und Marl.
Mit einer „außerordentlich guten Nachricht“ ist NRW-Wirtschaftsstaatssekretär Christoph Dammermann ins Emscher-Lippe-Revier gekommen: Die EU stellt aus einem neuen Fonds den Städten Bottrop, Dorsten, Gladbeck und Marl 100 Millionen Euro zusätzlich in Aussicht, um die Folgen des Kohleausstiegs abzumildern. Die Förderung läuft bis 2027. Gladbecks Bürgermeisterin Bettina Weist hat bereits zwei ehemalige Bergbauareale im Blick.
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Denn ein Schwerpunkt des „Just Transition Fund“ ist die Entwicklung ehemaliger Bergbauflächen, von denen in Gladbeck noch einige vorhanden sind. „Wenn wir gemeinsam alles richtig machen, haben wir nächsten Sommer die ersten Projekte genehmigt“, stellte Staatssekretär Christoph Dammermann in Aussicht. Bürgermeisterin Bettina Weist, die zum Gespräch mit dem Staatssekretär ins Bottroper Rathaus gekommen war, erwähnte, dass Gladbeck bereits einen langen Weg des Strukturwandels und der Transformation hinter sich habe. Die EU-Fördermittel böten nun hervorragende Möglichkeit, „zwei Areale in Gladbeck klimaneutral und zukunftsfähig umzubauen“.
Das ehemalige RBH-Bahngelände und Moltke-Steinhalden im Blick
Konkret geht es um das ehemalige Gelände der RAG-Logistiktochter RBH in Schultendorf, das die Stadt gemeinsam mit dem neuen Grundstückseigentümer weiter zum Kreativquartier entwickeln will. Zwar habe die letzte Gladbecker Zeche – Graf Moltke – schon 1971 geschlossen, „aber der Rückzug des Bergbaus hat auch in Gladbeck Narben gerissen, die noch nicht verheilt sind“, so Bettina Weist. Zu Hoch-Zeiten der RBH waren bei ihr 1600 Menschen beschäftigt. Im Planungsausschuss der Stadt waren zur Entwicklung des RBH-Geländes 2020 Überlegungen vorgestellt worden: ein Mix an Nutzung – etwa Wohnungsbau und betreutes Wohnen im süd-westlichen Teil des Areals entlang der Tauschlagstraße, im östlichen Teil bei Erhalt der Galerie (altes Magazin) ein Platz zum Aufenthalt mit einer Gastronomie (Bistro) und im nördlichen und östlichen Teil eine „nicht-störende“ gewerbliche Nutzung z.B. für einen Dienstleistungspark, für Labore oder wissenschaftliche Tätigkeiten. Diskutiert werden sollten auch Ideen einer autofreien Siedlung oder die Nutzung alternativer Energieformen. „Es ist jetzt schon kleines Kreativquartier, wird künftig Startpunkt des Radschnellweges Mittleres Ruhrgebiet und an eine Wasserstoff-Fernleitung angebunden sein“, so Bettina Weist.
Zweites Planungsareal für Gladbeck, das die Bürgermeisterin benannte, sind die Steinhalden an der B224, die als Potenzialflächen für die Stadtentwicklung beim geplanten Ausbau der A52 mit Tunnellösung gelten. Zum einen die große Steinhalde am Festplatz zwischen Horster Straße und Steinstraße (Moltke 2); zum anderen die kleine, direkt benachbarte Steinhalde zwischen Stein- und Stalhermstraße (Moltke 1), die abgetragen und zur Verbindung der zuvor durch die Schnellstraße getrennten Stadtteile Mitte und Butendorf sowie zur Bebauung genutzt werden könnten. „Der Just Transition Fund bietet die Möglichkeit, die Narben des Bergbaus zu heilen und ein Stück Zukunft zu schaffen. Diese Chance werden wir nutzen“, so Bettina Weist. Noch seien die genauen Förderrichtlinien nicht bekannt – und wie die 100 Millionen unter den vier Kommunen aufgeteilt werden sollen.
„Die Städte sind weggekommen vom Kirchturmdenken“
Das zusätzliche Fördergeld der EU ist für alle vier Städte eine Riesenchance, darüber waren sich die Vertreter aller Kommunen einig. In Marl sollen innovative Unternehmen rund ums Thema Wasserstoff-Energie gefördert werden. Dorsten will ebenfalls die Ansiedlung von Unternehmen fördern, aber ebenso wie Bottrop auch die Ausbildung von Fachkräften an Berufskollegs oder Hochschulen. In Bottrop sollen auch Gelder in das Megaprojekt „Freiheit Emscher“ fließen. Die Förderung beweise auch, dass die Städte weggekommen sind vom Kirchturmdenken, sagt Dorstens Bürgermeister Tobias Stockhoff. Und das ist gut so: „Wirtschaftsförderer denken inzwischen in Regionen, nicht mehr in Städten.“ Jetzt müssen die Städte gemeinsam an den Förderanträgen arbeiten, damit nächsten Sommer die ersten Gelder fließen können. Die Förderrichtlinien sollen Hochschulen und Unternehmen am 6. Oktober vorgestellt werden.