Gladbeck. Die Steinstraße in Gladbeck ist ein historischer Weg, aber auch die Straße mit einer schlimmen Problemimmobilie. Und sie war Spielfilmkulisse.
Die Steinstraße in Gladbeck ist durch die Problemimmobilie, an der sie vorbeiführt, eine der am meisten genannten Straßen der Stadt und oft auch außerhalb Gladbecks aus diesem Grund ein Begriff. Damit wird man der Straße allerdings nicht gerecht, schließlich gibt es sie schon viel länger als das 1972 erbaute Hochhaus mit der Hausnummer 72, das schon immer wie ein Fremdkörper an dieser Straße wirkte und durch seine schleichende Prekarisierung in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zu einer Last im Alltag vieler Menschen an dieser durchaus historischen Straße wurde.
Die Wegeverbindung gab es schon im 19. Jahrhundert, wie aus den Unterlagen des Stadtarchivs hervorgeht. Davon zeugt auch das alte Fachwerkhaus Steinstraße 56, das laut Bauakte der Stadtverwaltung 1891 im Schatten der Zeche Graf Moltke 1/2 entstand und heute zu den ältesten Häusern der Stadt zählt – seit längerem allerdings unbewohnt und eher abgängig.
Vor mehr als 100 Jahren hieß die Steinstraße „Zum Bräuckchen“
Bis 1908, als die an ihr liegende Zeche, die erste in Gladbeck, schon mehr als 30 Jahre alt war, hieß die Straße laut Stadtarchiv „Zum Bräuckchen“. Zumindest ist sie in einem Stadtplan von 1906 so benannt. Wie lange die Straße vorher existierte, ist unklar. In einem Wegeplan von 1898, als überhaupt in Gladbeck 31 Straßen erstmals einen Namen erhielten, ist sie noch nicht enthalten. Ob sie in jenen Jahren und davor möglicherweise ein unbefestigter Weg war, der sich Richtung Süden schlängelte, lässt sich nicht klären.
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Jedenfalls gewann dieser Weg durch die Zeche, die östlich des Weges ab 1871 abgeteuft und ab 1873 ihren Betrieb aufnahm, an Bedeutung. Zumal es die Horster Straße, die erst ab 1900 gebaut wurde, noch gar nicht gab. Bis dahin war die Landstraße „die“ durchgehende Wegeverbindung zwischen Gladbeck und Horst gewesen.
Der Name der Steinstraße erinnert wohl an den Steinkohlenbergbau
Der alte Name „Bräuckchen“ bezieht sich laut Stadtarchiv womöglich auf den Ortsteil Brauck, in dessen Richtung der Weg führte. Sicher ist man sich aber nicht, auch der Heimatverein hält sich mit einer Deutung des Namens zurück. Das gilt auch für den Namen „Steinstraße“, den die Straße seit 1908 trägt. Eine Verbindung zum preußischer Staatsmann und Reformer Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom und zum Stein (gestorben 1831) hält Heimatexperte Heinz Enxing für unwahrscheinlich.
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Eher habe der Name wegen der Nähe zur Zeche einen Bezug zur Kohle – Stichwort „Steinkohle“. Immerhin wurden auch links und rechts der Straße an der heutigen Ecke zur B 224 die ersten Steinkohlehalden von der Zeche Graf Moltke geschüttet. Auch im Stadtarchiv geht man von einem Bezug zum Bergbau aus, nähere Erläuterungen dazu finden sich aber nicht.
Die Steinstraße in Butendorf ist fast einen Kilometer lang
Heute ist die 950 Meter lange Steinstraße zwischen der B 224 und Diepenbrockstraße vorwiegend eine Wohnstraße mit vielen Gesichtern. Neben alter Bausubstanz ehemaliger Bergarbeiterhäuser, darunter auch einstige Steigerhäuser, finden sich hier ebenso Mehrfamilienhäuser aus der Vor- und Nachkriegszeit, aber auch jüngere Doppelhaushälften und einige Dienstleister sowie die neue Kita Arche des SkF. Einst lag an der Steinstraße auch die Traditionsgaststätte Schumacher.
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Und genau in der Mitte der Steinstraße liegt das Hochhaus mit seinen neun Stockwerken und 120 Wohnungen, in denen bis zu 350 Menschen wohnen können. Es entstand vor bald 50 Jahren auf dem Acker des Hofes Heimann als einer der Eckpfeiler einer neuen Trabantenstadt „Gladbeck 2000“, die vor den Toren der Innenstadt entstehen sollte. Neben dem Hochhaus Steinstraße wurde nur noch – als östlicher Eckpfeiler – das Möbelparadies gebaut, das inzwischen abgerissen ist. Geblieben ist das Hochhaus Steinstraße 72, in dem derzeit mehr als 200 Menschen aus 14 Nationen leben.
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Die Steinstraße war vor 20 Jahren die Kulisse für einen Spielfilm mit Uwe Ochsenknecht
Nicht erst durch das Problemhaus geriet die Steinstraße in den Fokus der Medien. Vor gut 20 Jahren war sie – als typische Ruhrgebietsstraße – einmal Kulisse für einen Spielfilm. In dem Streifen „Fußball ist unser Leben“, der 2000 in die Kinos kam, wohnte der Filmheld Hans Pollak (gespielt von Uwe Ochsenknecht) an der Steinstraße, der für ein Tor seines Schalke-Helden Haus und Hof verwettete. In mehreren Sequenzen der Ruhrgebiets-Komödie war die Straße deutlich zu erkennen – auch das Problemhochhaus, das heute die Steinstraße dominiert. Übrigens wuchs der gebürtige Gladbecker Schauspieler Armin Rohde, Sohn eines Bergmanns der Zeche Graf Moltke, an der Steinstraße auf.
Teil einer Trabantenstadt
In den 60er und 70er Jahren gab es hochtrabende Pläne der Stadtplaner für das nördliche Butendorf zwischen Steinstraße und Bramsfeld: Eine Trabantenstadt vor den Toren der City, Arbeitstitel „Gladbeck 2000“. Mehrere tausend Menschen sollten in terrassenförmig angeordneten Häusern leben, es sollte ein zweites Stadtbad entstehen, eine neue durchgehende, vierspurige Straße zwischen Stein- und Landstraße sollte den Verkehr bewältigen.
Gottlob änderte sich während der langen Planungsphase der Zeitgeist – und sorgte in den letztlich erst 1982 verabschiedeten Bebauungsplänen Butendorf Ost und West am Ende für deutlich abgespeckte Bauziele.