„Irgendwie hänge ich noch da dran”, sagt Walter Häusler über den Bergbau, auch wenn der ehemalige Bergmann schon längst seinen Ruhestand genießt und es keine einzige Zeche mehr in Gladbeck gibt. Wie ihm geht es vielen Gladbeckern, die sich sehr für die Bergbaugeschichte interessieren. . .

Sie begaben sich deshalb am Samstag auf die Spur der Arbeiter- und Wohnkultur in Gladbeck. Die IGBCE-Ortsgruppe Mitte und der REVAG-Geschichtskreis hatten eingeladen.

Geführt wurde die Gruppe von Karl Otte (75), der viele Jahre im Bergbau gearbeitet hat, unter anderem als Maschinist und auch im Wohnungswesen.

Die rund dreieinhalbstündige Tour führte quer durch die Geschichte Gladbecks, angefangen von der Zeit der Bauernschaften, als die Landwirtschaft noch das Bild prägte, bis hin zum Bergbau und der Nachkriegszeit in den 50er und 60er Jahren.

Zu den Station des Rundgangs zählte etwa die Uhlandstraße, wo 1888 als erstes eine Bergmannssiedlung in Gladbeck entstand. Damals hieß die Straße noch Moltkestraße, denn hier wohnten Angestellte der Zeche Moltke 1/2. In kurzer Zeit wuchs das Dorf Gladbeck Ende des 19. Jahrhunderts und zu Anfang des 20. Jahrhunders zur Stadt, viele Arbeiter zogen vor allem aus dem Osten nach Gladbeck, um auf den Zechen Arbeit zu finden. Wohnraum war knapp und deshalb lebten an der Uhlandstraße sechs Familien in einem einzigen Haus. Teilweise teilten sich sogar die Kumpel die Betten: Je nachdem, wer gerade keine Schicht hatte, konnte schlafen. Die Treppen zu den Schlafstuben waren oft so schmal, dass man sie nur im „Rückwärtsgang” hinabsteigen konnten. Die Flure waren teilweise so eng, dass kein Kinderwagen hindurch passte. Und um auf das stille Örtchen zu kommen, musste man bei Wind und Wetter über den Hof zum Stall, denn dort war der „Donnerbalken”.

„Da hatten wir ja schon richtigen Luxus mit Gasherd und eigenem Bad direkt in der Wohnung”, erinnert sich Walter Häusler; er kam 1958 nach Gladbeck, um – natürlich – auf der Zeche zu arbeiten. Da sah die Wohnsituation schon anders aus als in den Bergbau-Jahrzehnten zuvor, wie auch Karl Otte in der kleinen Straße „Auf dem Busch”, zwischen Horster Straße und Steinstraße, beispielhaft deutlich machte. Hier bauten die Bergleute mit Unterstützung der Zeche 49 Wohneinheiten und 98 Wohnungen, in die sie dann selbst einzogen. Deshalb nennt man diese Straßenzüge auch „Selbsthilfe-Siedlungen”. Jede Familie bekam ihr eigenes, kleines Häuschen mit Garten. Unter dem Dach wohnte – wie damals üblich – ein junger Untermieter (natürlich ein Kumpel). Man wollte die Leute frühzeitig an die Zeche binden, denn Bergbau-Fachkräfte waren sehr gefragt.

Von den Selbsthilfe-Häusern ist das ehemalige Zechengelände von Moltke 1/2 nur einen Steinwurf entfernt. Wo heute schmucke neue Reihenhäuser mit kleinen Gärten in der Sonne strahlen, qualmten früher hohe Schornsteine. Kaum vorstellbar. Auf der Spurensuche erkennt Karl Otte (75) einen Baum wieder. „Diese Platane stand früher vor dem Maschinenhaus.”

Zwei Säulen weisen auf die Schächte hin und ein Stückchen altes Mauerwerk im Grünbereich an der Freizeitstätte „Karo” zeigt, wo das Zechengelände einst ungefähr endete. „Man erkennt kaum etwas wieder”, stellen unisono die Spaziergänger fest, von denen einige selbst auf Moltke gearbeitet haben.