Gladbeck. Der Wissenschaftler Ralf Ludwig besuchte seine alte Penne, das Gladbecker Heisenberg-Gymnasium. Sein Vortrag klärte zum Thema Wasser auf.
Wer denkt schon darüber nach, dass das alltägliche Lebensmittel Wasser, das in jeder Wohnung in der Wasserleitung schlummert, ein Rätsel verbirgt? Dr. Ralf Ludwig hat sich damit sogar als Professor beschäftigt. Und der Wissenschaftler teilte seine spannenden Erkenntnisse jetzt mit Gladbecker Schülerinnen und Schülern des Heisenberg-Gymnasiums. Seiner alten Schule, die er immer wieder gerne besucht.
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„Wasser: Anomalien und Rätsel“ – so lautete der Titel eines Vortrages am Dienstag vor der neunten Jahrgangsstufe. Eine unterhaltsam-informative, interaktive Darstellung der vielfältigen Eigenschaften von Wasser, „der einzigen Flüssigkeit, die uns in drei Aggregatzuständen begegnen kann: als Eis, in flüssiger Form und gasförmig als Wasserdampf.“ Ludwig ist überzeugt, man wisse heute viel zu wenig über Wasser, das immerhin zwei Drittel unserer Erdoberfläche bedeckt. Und eben genau auch in diesem Verhältnis als wichtigstes Lebenselixier Bestandteil eines jeden Menschen ist. Ein Mensch von 75 Kilogramm Gewicht besteht zu 50 Kilo aus Wasser.
Kritik am hohen Wasserverbrauch der Industrieländer
Der Wissenschaftler ging aber auch kritisch auf die ungleiche Verteilung dieser für den Menschen überlebenswichtigen Ressource ein. Und der hohe Verbrauch der Industrie- und Schwellenländer habe zu einem weltweiten Wassermangel geführt. „Wasser muss in manchen Gegenden erst herbeigeschafft werden, soll der Boden kultiviert werden.“ Konflikte um Wasser würden zunehmen, so seine düstere Prognose.
Ralf Ludwig (60) stammt mütterlicherseits aus einer Bergarbeiterfamilie, sein Vater arbeitete bei der Phenolchemie (INEOS). Er ist in Zweckel aufgewachsen und besuchte zunächst die katholische Hermannschule (heute Pestalozzischule), von der er, „bibelfest gemacht“, 1971 „auf das Bewusstsein erweiternde Gymnasium“ wechseln durfte. Die Sexta sei für ihn „eine Befreiung“ gewesen. Dies alles sagte Ludwig in seinem Festvortrag, den er 2018 zum 50-Jährigen Jubiläum seiner ehemaligen Schule hielt.
Lehrstuhl für Allgemeine Physikalische und Theoretische Chemie an der Uni Rostock
Nach Abitur und Zivildienst studierte er an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen Physik und wurde 1991 in Physikalischer Chemie promoviert. Nach Stationen an den Universitäten Wisconsin (USA) und Dortmund, erhielt er eine Professur an der Universität Rostock und hat dort seit 2012 einen Lehrstuhl für Allgemeine Physikalische und Theoretische Chemie inne. Trotz aller Weltläufigkeit ist Ludwig seiner alten Heimat immer verbunden geblieben und war nun nach 18 Monaten Corona-Reiseabstinenz wieder „zuhause“, wie er Gladbeck immer noch nennt.
Professor unterstützt Fridays for Future
Zu „Scientists for Future“ haben sich mit Professor Ralf Ludwig weitere 64 Forschende aus wissenschaftlichen Einrichtungen zusammengeschlossen. Sie unterstützen unter anderem das Klimabündnis „Fridays for Future“.
Die Wissenschaftler versorgen die Aktivisten mit Informationen zu wissenschaftlichen Fragestellungen und stellen ihnen ein fachliches Fundament zur Verfügung. Weitere Informationen: www.scientists4future.org
Seit 2020 ist Ralf Ludwig Mitglied im Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), die über einen jährlichen Etat von 3,3 Milliarden Euro verfügt, um bundesweite Forschungsprojekte zu fördern. Die Mittel werden durch entsprechende Fachkollegien und jeweils zwei Gutachter wettbewerblich vergeben. Worauf es aber wirklich ankomme, sagt Ludwig, sei dabei, „die Arbeit anderer wertzuschätzen.“ Auch aus diesem Grunde ist er Mitglied im Expertengremium Nationale Forschungsdateninfrastruktur e.V. (NFDI), das wichtige Datenbestände von Wissenschaft und Forschung erschließt und für Wissenschaftler nutzbar macht.
Wissen und Bildung aus ganzheitlicher Sicht deutlich machen
„Was nützen uns Forschungsergebnisse, die sich in irgendwelchen Ordnern und Schubladen verstecken?“ fragt Professor Ludwig. Ihm ist es von jeher ein Anliegen, die Notwendigkeit von Wissen und Bildung – beides aus ganzheitlicher Sicht – deutlich zu machen. Dies wollte er auch den Schülern in seinem Vortrag vermitteln. Vor rund 70 von ihnen nutzte er denn auch die Zeit, um für ein Studium in den sogenannten MINT-Fächern zu werben: „Die Beteiligung war toll, auch weil das Thema Wasser ja alle Naturwissenschaften streift“, so sein Resümee.
Er wolle Mut machen, habe er doch den Eindruck, „die Frustrationsschwelle bei den Studierenden ist nicht mehr sehr hoch“. In der Wissenschaft müsse man Niederlagen einstecken, es brauche einen langen Atem. Das beste Beispiel dafür sei die Entwicklung des Impfstoffes von Biontech. Der Freigabe seien jahrelange Forschungen mit etlichen Rückschlägen vorausgegangen. „Nur weil es diese Vorarbeiten gegeben hat, konnte der Impfstoff schnell zugelassen werden.“