Gladbeck. Einige Städte erklären sich bereit, Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen zu wollen. Wäre Gladbeck in der Lage, Schutzsuchende unterzubringen?

Unzählige Menschen versuchen Hals über Kopf, sich vor den militant-islamistischen Taliban aus Afghanistan ins Ausland zu retten. Das Land Nordrhein-Westfalen hat angekündigt, 1800 Ortskräfte und besonders Gefährdete, denen die Flucht gelungen ist, aufzunehmen. Die Stadt Münster erklärt sich bereit, Betroffene unterbringen zu wollen. Wäre Gladbeck derzeit in der Lage, diesen Flüchtlingen Zuflucht zu gewähren?

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    Christiane Schmidt, Sprecherin der Stadtverwaltung: „Wir sind dazu bereit, wenn wir genau wissen, was wir tun müssen.“ Aktuell lasse sich nicht abschätzen, wie sich die Situation in Afghanistan weiter entwickle und wie viele Menschen überhaupt aus den Land gelangen können. Daher sei es zu früh, konkrete Vorbereitungen zu treffen. „Münster nimmt 60 Ortskräfte im Rahmen des Programms ,Sichere Häfen’ auf. Dort sind wir (derzeit) kein Mitglied“, so die Rathaussprecherin. Landrat Bodo Klimpel: „Wenn es gefragt ist, werden wir selbstverständlich unsere humanitären Pflichten erfüllen. Im Moment ist uns aber noch kein konkreter Bedarf gemeldet worden.“ Schmidt betont: „Jeden, der uns nach dem Königsteiner Schlüssel zugewiesen wird, heißen wir willkommen.“ Die Sprecherin fügt hinzu: „Wie im Jahr 2015.“

    Stadtsprecherin Christiane Schmidt: „Wir werden die Aufgabe annehmen und auch meistern!“

    Seinerzeit drängten Millionen Menschen in die Europäische Union. Die Stadt Gladbeck richtete zu Beginn in aller Eile eine Flüchtlingsunterkunft in der Turnhalle der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule her, eine aus der Not geborene, schnelle Lösung – ein Kraftakt. „Das war die kurzfristige Herausforderung. Richtig schwierig war die langfristige, die Integration. Wir hatten zum Beispiel nicht genug Plätze in Sprachkursen“, erinnert sich Christiane Schmidt.

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    Ein Bus brachte im Jahr 2015 während der großen Flüchtlingswelle zunächst 50 Menschen aus aller Welt nach Gladbeck zur Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule.
    Ein Bus brachte im Jahr 2015 während der großen Flüchtlingswelle zunächst 50 Menschen aus aller Welt nach Gladbeck zur Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

    Sie geht nach momentaner politischer Lage zwar nicht von einem erneuten großen Flüchtlingsstrom aus, sagt jedoch auch: „Wir haben jetzt nicht mal eben Kapazitäten für 500 Flüchtlinge. Doch wenn es so kommen sollte, werden wir die Aufgabe annehmen und auch meistern.“ Bei allen Bemühungen sei es der Stadtverwaltung dabei vor allem wichtig, Flüchtlinge dezentral unterzubringen. Sicher, es stehen Sammelunterkünfte, wie an der Winkelstraße, zur Verfügung, sie seien gleichwohl vornehmlich für Menschen gedacht, die ihre Wohnung verloren hätten.

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    Christiane Schmidt, Sprecherin in der Stadtverwaltung Gladbeck: „Wir werden die Aufgabe annehmen und auch meistern!“
    Christiane Schmidt, Sprecherin in der Stadtverwaltung Gladbeck: „Wir werden die Aufgabe annehmen und auch meistern!“ © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

    „Wir wollen Flüchtlinge in Nachbarschaften bringen, um auch die Integration zu fördern“, erklärt Christiane Schmidt die Strategie. Das heißt in der Praxis: „Wir mieten teilweise Wohnungen in GWG-Häusern an, aber auch Wohnungen von privaten Eigentümern.“

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    Stand 19. August 2021 leben laut Verwaltungssprecherin 3157 Flüchtlinge in Gladbeck, darunter seien zurzeit 217 afghanische Staatsangehörige. Christiane Schmidt erläutert: „Bei der genannten Flüchtlingszahl handelt es sich um schon anerkannte Asylbewerber, Geduldete und Bewerber, deren Anerkennungsverfahren noch läuft.“ Das Gros sei aus Syrien und dem Irak nach Gladbeck gekommen.

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    Der Königsteiner Schlüssel, benannt nach der hessischen Stadt, legt fest, wie die Bundesländer an gemeinsamen Finanzierungen beteiligt werden. An ihm orientieren sich auch die Quoten für die Erstverteilung von Menschen, die hierzulande Asyl beantragen. Der jeweilige finanzielle Anteil für ein Land wird alljährlich errechnet aus zwei Dritteln Steueraufkommen und einem Drittel Bevölkerungszahl.

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