Gladbeck. Treibende Kräfte waren die Bergwerke, die ihre Arbeiterkolonien errichten. Ab 1900 wird die Horster Straße, ab 1908 ein neues Amtshaus gebaut.
Mit dem Abteufen der Zechen ab etwa 1900 entstanden draußen in den alten Bauernschaften Gladbecks Stadtteile. Von Zweckel bis Brauck, von Rentfort bis Gladbeck-Ost bildete sich langsam und in Ansätzen die städtische Siedlungsstruktur heraus, wie wir sie heute kennen. Treibende Kräfte waren die Bergwerke gewesen, die durch den Bau von Zechenhäusern und -siedlungen den Ortsteilen ein Gesicht gaben.
Die ersten konzentrierten Ansiedlungen von Bergarbeitern gab es in Brauck-Süd, die ältesten Häuser an der Roßheidestraße stammen aus dem Jahr 1890, die intensive Erschließung des südlichen Braucks begann ab 1904 (rund um Emscher- und Uferstraße). Zur gleichen Zeit entstanden Bergarbeiterhäuser an Land- und Kiebitzheidestraße. An der Phönixstraße wuchsen die ersten Häuser ab 1902: In den markanten Häusern nördlich der heutigen A 2 zogen Kumpel ein, im südlichen Teil – näher zum Zecheneingang – fanden in den repräsentativeren Häusern Steiger eine Unterkunft.
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Ab 1900 entstand die Alte Kolonie an der Kirchhellener Straße
Neue Verkehrsader wurde ab 1900 die Horster Straße, die als Chaussee gebaut wurde (die alte Kaiserstraße hatte nur bis zum Ortsrand gereicht). 1908 war die neue Straße bis Horst fertig. Kurz nach der Jahrhundertwende entstanden an der Horster Straße in Butendorf an der Zufahrt zum Bergwerk Moltke 3/4 (Helmutstraße) die ersten Häuser, ebenso das Wohnviertel um Elisabeth- und Theodorstraße.
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Durch die Möllerschächte wuchs ab 1900 die „Alte Kolonie“ an der Kirchhellener Straße. 1903 folgte die Beckstraße, danach die Kamp-Kolonie, und 1904/1905 wurden Straßen und Zechenhäuser an der Johowstraße gebaut. Die ersten Bergarbeiterviertel an Moltkestraße (heute Uhlandstraße) und Steinstraße wurden erweitert. Aber auch an der heutigen Voßstraße (damals Berliner Straße) lebten immer mehr Menschen.
Innerhalb von zehn Jahren zogen 30.000 Menschen nach Gladbeck
Seit 1911 baute man an der Zweckeler Bergarbeitersiedlung: Westlich der Zeche die Häuser für die Bergbeamten (Frielinghaus- und Uechtmannstraße), östlich die große Arbeiterkolonie. Bis zum Ausbruch des Krieges wuchs in Brauck zwischen Boy- und Roßheidestraße die Siedlung Brauck A heran. Gleich ein ganzer Stadtteil entstand von 1911 bis 1914 durch den Bau der Gartenstadtsiedlung der Schultenkolonie. https://www.waz.de/staedte/gladbeck/als-sich-das-dorf-gladbeck-zur-stadt-wandelte-id7639610.html
Die Einwohnerzahl Gladbecks wuchs unaufhörlich: 20.771 waren es 1905, fünf Jahre später schon 39.185. 1915 waren es schon über 50.000. Allein von 1910 bis 1914 wurden 40 Straßen gebaut, bis 1914 entstanden 18 Schulgebäude, darunter zwei höhere Bildungseinrichtungen (Pro-Gymnasium für Jungen 1900, Lyzeum für Mädchen 1907) sowie eine Berufsschule. In Brauck entstand 1906 mit einer ersten Notkirche St. Marien die erste Kirche außerhalb des ehemaligen Dorfes. 3000 Katholiken gab es damals schon in Brauck. 1908 wurde die erste Notkirche St. Josef in Rentfort geweiht.
Gladbeck erlebt nach der Jahrhundertwende eine blühende Phase
Gladbeck erlebte eine blühende Entwicklungsphase. Auch der neue Stadtkern wuchs und wuchs: Mit Kaiserstraße (heutige Horster Straße) und Hochstraße verfügte Gladbeck inzwischen über zwei respektable Geschäftsstraßen. Auf der Hochstraße kaufte man seit 1909 im neuen Kaufhaus Althoff. Der Kaufhauspionier hatte bereits 1897 sein erstes Geschäft an der oberen Hochstraße eröffnet. 1911 wurde die Christuskirche fertig gestellt, der alte Gebetssaal diente fortan als Kulturhaus. Seit 1911 gab es eine erste Sporthalle an der Gustavstraße (heute Rathauspark), 1908 eröffnete der Schlachthof, 1911 das Kaiserliche Postamt an der Friedrichstraße. Die 1905 gegründete Sparkasse, die später dort einziehen sollte, war derweil ins alte Amtshaus an der Hochstraße gezogen.
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Denn: Das erst 1897 bezogene zweite Amtshaus war schon wieder zu klein geworden. 1906 wurde beschlossen, erneut ein größeres Amtshaus zu bauen: Der Kölner Architekt Otto Müller-Jena gewann den kleinen Wettbewerb, der ausgeschrieben worden war. Ab 1908 wurde gebaut, am 6. Dezember 1910 wurde der wuchtige Bau mit einem 45 Meter hohen Turm eingeweiht – das heutige Rathaus. Das ansprechende Gebäude sollte „die kraftvolle Entwicklung der Gemeinde zum Ausdruck bringen“, so Amtmann Korte.
Viele Banken gründen sich
Geldgeschäfte erledigte man nach der Jahrhundertwende im aufstrebenden Gladbeck beim Bankhaus Küster, Ullrich & Co an der Viktoriastraße hinterm 1910 eröffneten neuen Amtshaus. Die Gladbecker Bank residierte an der Schillerstraße. An der Kaiserstraße lag der Gladbecker Spar- und Dahlehnskassenverein. Über alle Geldschäfte am Ort wachte eine Reichsbanknebenstelle an der Humboldtstraße.
Begonnen worden war mit dem Bau einer Kanalisation auch in den Ortsteilen. Amtmann Korte ordnete auch an, dass die Gemeinde die Müllabfuhr zentral organisiert – mit einheitlichem Eimer- und Wagensystem.
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In 2019 wird die Stadt Gladbeck 100 Jahre alt. Anlass für uns, die Geschichte Gladbecks, die vor 1000 Jahren begann, in Serie darzustellen. Quellen sind die Bücher „Geschichte der Stadt Gladbeck“ von Rainer Weichelt, „Gladbeck“ von Harald Neumann, „Verdrängte Jahre – Gladbeck unterm Hakenkreuz“ von Frank Bajohr, „Feuersturm an der Ruhr“ aus dem Klartext-Verlag, die Dokumentation „Glabotki ist nicht!“ von Erna-Johanna Fiebig und Rainer Weichelt, die Chronik „40 Jahre Amt Gladbeck“ von Ludwig Bette (von 1925), Expertisen aus dem Stadtarchiv sowie verschiedene Aufsätze von Heimatforschern.
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