Gladbeck. In Zeiten von Homeschooling haben Schüler in Gladbeck Defizite entwickelt. Nachhilfe-Institute rechnen nach den Ferien mit verstärktem Zulauf.

Aufgrund des Distanzunterrichts im vergangenen Schuljahr waren viele Schüler überwiegend auf sich allein gestellt. Einigen fehlt daher der Anschluss, Lerndefizite werden sichtbar. Nachhilfe-Institute in Gladbeck gehen davon aus, dass die Nachfrage von Kindern und Jugendlichen nach den Ferien enorm steigen wird.

„Sobald die ersten Arbeiten im neuen Schuljahr geschrieben sind, werden viele merken, dass es kurz vor zwölf ist. Und dann gehen wir von einer großen Nachfrage aus“, sagt Lucas Stamm, Leiter des Studienkreises Gladbeck. Auch jetzt sei der Bedarf bereits da, auch wenn die Angebote nun in den Ferien noch nicht besonders viel in Anspruch genommen werden. „Vielleicht haben viele das vergangene Schuljahr bereits abgeschrieben und sich gesagt, dass sie in diesen Ferien nichts mehr machen brauchen“, vermutet Stamm.

Im Homeschooling komme es vor allem auf Eigeninitiative an

In seinem Institut sei aber bereits jetzt sichtbar, dass der Unterrichtsstoff oftmals zu kurz kam, und dass die Schüler große Lernlücken haben. „Der Distanzunterricht ist einfach keine vollwertige Alternative zum Präsenzunterricht“, so Stamm. Denn im Homeschooling zähle vor allem Eigeninitiative. „Gerade in jüngeren Jahrgängen kommt das oftmals zu kurz.“ Leistungen des Studienkreises würden aber alle Jahrgänge in Anspruch nehmen, ebenso wie Kinder und Jugendliche von allen Schulformen kämen.

„Extra-Zeit zum Lernen“ nach den Ferien umsetzen

Marcel Dembitzki, Inhaber des Institutes Pythagoras, ist aktuell mit einigen Schulen im Austausch, um gemeinsam Konzepte zu entwickeln, wie der verpasste Unterrichtsstoff in Mathe aufgeholt werden kann. Im Rahmen des Landesprogramms „Extra-Zeit zum Lernen“ will er nun etwa gemeinsam mit der Anne-Frank-Realschule ein Programm aufsetzen, das nach den Ferien umgesetzt werden kann. Andere Schulen, wie die drei Gymnasien, hielten sich zurück. „Von denen habe ich keine Rückmeldungen bekommen.“

Indes geht es ihm ähnlich wie einigen Gastronomen: „Ich habe viele Studenten als Lehrkräfte, und die haben sich einen neuen Job gesucht, etwa zum Regale einräumen im Supermarkt.“

Auch Denise Kirchberger, Pressesprecherin der Schülerhilfe, geht davon aus, dass die Nachfrage im Herbst weiter ansteigen wird, dann, wenn die ersten Klausuren geschrieben sind. Aber auch jetzt merke die Schülerhilfe eine coronabedingte zunehmende Anzahl an Schülern. „Seit der Präsenzunterricht an den öffentlichen Schulen wieder möglich ist und die Corona-Einschränkungen entfallen sind, verspüren wir an unserem Standort in Gladbeck eine verstärkte Nachfrage im Vergleich zum Vorjahr“, sagt sie. Vielen Schülern sei der Distanzunterricht schwer gefallen, „und sie hatten große Probleme, sich zu motivieren“. Mangelnde Selbstorganisation sowie Konzentrationsschwierigkeiten aufgrund der langen Lernzeit am PC seien weitere Ursachen für die Kompetenzeinbußen.

Viele haben Nachholbedarf im Fach Mathe

„Vor allem Schüler der Mittelstufe kommen zu uns, da in dieser Zeitspanne neben schulischen Schwierigkeiten häufig auch noch persönliche Probleme und Unsicherheiten hinzukommen.“ Mathematik sei nach wie vor das Nachhilfefach Nummer 1.

Marcel Dembitzki ist Inhaber der Nachhilfeschule Pythagoras in Gladbeck, die auf Mathe spezialisiert ist. Er sagt: „Das Mathe-Niveau ist in den vergangenen zehn Jahren in den Keller gegangen“.
Marcel Dembitzki ist Inhaber der Nachhilfeschule Pythagoras in Gladbeck, die auf Mathe spezialisiert ist. Er sagt: „Das Mathe-Niveau ist in den vergangenen zehn Jahren in den Keller gegangen“. © Oliver Mengedoht / FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Auf dieses Fach hat sich das Institut Pythagoras mit Sitz im Kreativamt am Jovyplatz spezialisiert. Inhaber Marcel Dembitzki hofft, dass viele Schüler nach den Ferien wieder den Weg in sein Institut finden, denn: „Wir kämpfen ums Überleben.“ In Zeiten der Pandemie hätten viele genug vom Online-Unterricht gehabt, auf den auch Pythagoras umsteigen musste. „Viele haben gesagt, dass sie davon nun erst einmal eine Pause brauchten“, sagt Dembitzki.

Doch der Bedarf sei auf jeden Fall groß. „Die Lernrückstände in Mathe sind ein Desaster. Das Niveau ist in den vergangenen zehn Jahren in den Keller gegangen.“ Die Pandemie habe diesen Trend verstärkt. Ein Grund sei, dass „sich nicht alle Lehrer so verhalten hatten, wie man es sich von Beamten gewünscht hätte“. Schülern fehle aktuell „eine ganze Menge“, es liege einfach viel am jeweiligen Lehrer: „Manche haben nicht zugelassen, dass nachgelassen wurde, und haben ihr Programm gut durchgezogen.“

Die Abiturprüfungen in diesem Jahr seien indes „kein Geschenk“ gewesen. Daher hofft Dembitzki nun, dass das Signal dazu geführt hat, „dass einige Schüler jetzt aus dem Quark kommen.“