Gladbeck. WAZ-Leser versucht vergeblich, einen Termin im Bürgeramt zu bekommen. Stadt Gladbeck verweist auf großen Andrang – und kündigt Änderungen an.
Paul Hundeshagen ist richtig sauer. „Wenn Sie oder ich so arbeiten würden oder ich in meiner Berufslaufbahn so gearbeitet hätte, hätte ich meinen Job verloren, wären private Firmen längst in die Insolvenz gegangen“, schreibt er in einer Mail an die WAZ. Auslöser seines Zorns: das Bürgeramt der Stadtverwaltung Gladbeck.
Der 69-Jährige braucht einen neuen Personalausweis. Über das Internet versuchte er, einen Termin zu vereinbaren – am 6. August hätte er ins Rathaus kommen können, in zehn Wochen also. Das dauerte dem Diplom-Ingenieur im Ruhestand zu lange. Deshalb wollte er die angebotene Alternative nutzen und online einen der Termine ergattern, die das Amt täglich ab 8 Uhr für den laufenden Tag anbietet. Doch auch das misslang. „Man wählt einen der angebotenen Termine aus, arbeitet sich durch die weiteren Schritte, um dann nach Eingabe aller Daten die Meldung zu bekommen: Es ist ein Fehler aufgetreten. Der Termin ist nicht mehr verfügbar. Versuchen Sie es erneut“, schildert Hundeshagen seine mehrfachen Bemühungen.
Frust hätte Paul Hundeshagen gerne bei Bürgermeisterin Bettina Weist abgeladen
Seinen Frust hätte er gern umgehend bei Bürgermeisterin Bettina Weist abgeladen, ihr Büro verwies ihn höflich auf die Bürgersprechstunde. Im Büro ihrer Stellvertreter hörte sich seine Gesprächspartnerin am Telefon seinen angestauten Ärger geduldig an, konnte ihm aber, nach Rücksprache mit dem Bürgeramt, nur mitteilen, das Problem sei bekannt, aber aktuell nicht zu lösen, erzählt er.
Terminbuchung nicht angekommen
Nach etlichen vergeblichen Versuchen ist es Paul Hundeshagen am Donnerstag dann doch noch gelungen, den ersten tagesaktuellen Termin zu ergattern. Um 8 Uhr werden die freigeschaltet – um 8 Uhr sollte er kommen. Also machte er sich sofort auf den Weg, ohne die endgültige Bestätigung abzuwarten. Im Rathaus sei er abgewiesen worden, sagt er, weil seine Terminbuchung nicht angekommen sei.
Am Freitag sein vorerst letzter Versuch: Um 8 Uhr wieder den 8 Uhr-Termin bekommen. Beim Telefonat mit der WAZ um 10 Uhr wartete er immer noch auf die Bestätigung.
Für Paul Hundeshagen ist das nicht nachvollziehbar, und er hat auch gleich ein paar Vorschläge parat: „Eine Anpassung des Systems dergestalt, dass der ausgewählte Termin zum Beispiel für drei Minuten für andere Online-User gesperrt sein muss, dürfte keine Hexenwerk sein.“ Außerdem stellt er die Frage, warum er für einen neuen Personalausweis, dessen Vorgänger vor zehn Jahren in Gladbeck ausgestellt wurde, überhaupt persönlich im Rathaus vorsprechen muss. „Ein Konzept unter Beachtung aller Sicherheitsvorkehrungen kann ich gern nachliefern; aber hochrangige Verwaltungsbeamte sollten dazu auch in der Lage sein.“ Weil online nichts lief, nutzte Paul Hundeshagen dann noch die letzte angebotene Möglichkeit, telefonisch einen der tagesaktuellen Termine zu bekommen. Das Ergebnis: „Ich habe von 07.59.30 Uhr bis 8.03.10 insgesamt 17 Mal die Nummer des Bürgerbüros gewählt. Sie war ständig besetzt.“
Stadt: Die Nachfrage ist aufgrund der anstehenden Sommerferien derzeit besonders hoch
David Hennig von der Pressestelle der Stadtverwaltung bedauert die Unannehmlichkeiten, bittet aber auch um Verständnis. Wie immer vor den Sommerferien steige die Nachfrage nach Terminen, weil Bürger einen Personalausweis oder Reisepass benötigen. Aktuell sei der Anstieg wegen der Reisemöglichkeiten nach den coronabedingten Einschränkungen besonders hoch. Gleichzeitig gebe es im Bürgeramt personelle Probleme, weil 40 Prozent der Mitarbeiter krank oder im Urlaub seien. Aus diesem Grund und auch, um die nötigen Abstände im Wartebereich einhalten zu können, könnten weniger Termine als üblich vergeben werden. Hennig: „11,5 Stellen gibt es im Bürgeramt. Die Mitarbeiter erledigen zu normalen Zeiten ca. 150 Termine am Tag. Jetzt sind es aus den genannten Gründe nur etwa 100.“
Um die Situation zu entspannen, soll das Personal kurzfristig um drei Personen aus anderen Abteilungen aufgestockt werden. Außerdem öffnet der Schnellschalter ab Dienstag, 8. Juni, wieder, damit Bürger dort ohne Termin Ausweis-Papiere abholen können. Am Samstag, 12. Juni, wird zudem das Bürgeramt von 10 bis 12.30 Uhr wieder öffnen, um ausschließlich Pass- und Personalausweisangelegenheiten zu bearbeiten. Eine Anmeldung ist hier nur telefonisch möglich. „Wir bitten jedoch um Verständnis, dass die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger nicht immer unmittelbar bearbeitet werden können und aktuell Wartezeiten unvermeidbar sind“, erklärt Amtsleiter Gregor Wirgs. „Die regulären Termine sind bis August ausgebucht. Und er verweist noch einmal auf die Alternative: „Im Bürgeramt werden jedoch jeden Morgen zusätzlich Termine für den laufenden Tag zur Verfügung gestellt. Sie können erst am jeweiligen Tag ab 8 Uhr online über www.gladbeck.de/onlinetermin oder telefonisch unter Tel. 02043/99-2999 vereinbart werden, eine Terminanfrage per E-Mail kann nicht beantwortet werden.“ Über den Hinweis auf die tagesaktuellen Termine kann Paul Hundeshagen nach seinen Erfahrungen nur müde lächeln.