Gladbeck. 39-Jährige muss sich in Gladbeck vor Gericht wegen gefährlicher Körperverletzung und falscher Anschuldigungen verantworten. Darum geht es.

Es muss wohl eine, vorsichtig ausgedrückt, turbulente Beziehung gewesen sein, vor allem eine, bei der Alkohol im Strömen floss. In ihren schlimmsten Phasen habe sie eine Kiste Bier und bis zu drei Flaschen Wodka am Tag getrunken, sagte Linda S. vor dem Schöffengericht am Amtsgericht in Gladbeck. Dort musste sich die 39-Jährige unter anderem wegen schwerer Körperverletzung, falscher Anschuldigungen und Beleidigung verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf ihr vor, im Sommer 2019 mehrfach die Polizei gerufen zu haben, um Anzeige gegen ihren damaligen Verlobten N. zu erstatten.

In einem Fall behauptete sie, ihr Partner habe sie geschlagen und getreten sowie die Wohnungstür eines Bekannten zertrümmert. Bei einem anderen Polizeieinsatz ging es um einen Schlüssel, den der Verlobte gewaltsam aus ihrer Tasche gezerrt und sie dabei verletzt haben soll, bei einem dritten um den Vorwurf, er habe sie gewürgt und auf offener Straße zum Geschlechtsverkehr zwingen wollen. Bei den Ermittlungen kam die Polizei zu anderen Ergebnissen, schenkte den Schilderungen des Ex-Verlobten Glauben, der alle Vorwürfe bestritt und sich auch als Zeuge vor Gericht als das eigentliche Opfer bezeichnete. Zudem, so die Anklage, habe S. ihren Ex-Verlobten bedroht und beleidigt.

Vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Gladbeck musste sich nun eine 39-Jährige unter anderem wegen schwerer Körperverletzung, falscher Anschuldigungen und Beleidigung verantworten.
Vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Gladbeck musste sich nun eine 39-Jährige unter anderem wegen schwerer Körperverletzung, falscher Anschuldigungen und Beleidigung verantworten. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Seit ihrem zwölften Lebensjahr habe sie Alkohol getrunken, so die Angeklagte

Im Grundsatz räumte Linda S. die Vorwürfe ein, an Einzelheiten könne sie sich wegen des ständigen Alkoholkonsums nicht erinnern, sagte ihr Anwalt. Die Angeklagte erzählte von einer schweren Kindheit. Seit ihrem zwölften Lebensjahr habe sie Alkohol getrunken, mit 16 sei sie von zu Hause abgehauen, zu ihrem Freund gezogen. Ihn habe sie geheiratet, zwei Kinder mit ihm. In der Scheidungsphase 2014 habe sie N. kennengelernt, sei zu ihm gezogen, „weil ich sonst auf der Straße gelebt hätte“. Fünf Jahre dauerte die problematische Beziehung, dann trennte sie sich von ihm, unterzog sich wegen ihrer Alkoholabhängigkeit einer stationären Therapie, lernte dort einen neuen Mann kennen, mit dem sie jetzt zusammenlebt und verlobt ist. Beide sind nach ihrer Schilderung seit der Therapie „trocken“.

Anklage: Brennende Zigarette auf Arm ausgedrückt

In der zweite Anklage aus dem Jahr 2020 ging es unter anderem um den Vorwurf, Linda S. habe ihren Partner mit einem Baseball-Schläger attackieren wollen und eine brennende Zigarette auf seinem Arm ausgerückt, als er ihr den Schläger abnahm.

Außerdem soll sie zwei Polizeibeamte beleidigt haben.

Die gelernte Sozialhelferin, die wegen ihrer Vorstrafen in diesem Beruf nicht mehr arbeiten kann, strebt jetzt mit Hilfe der Arbeitsagentur eine Umschulung im kaufmännischen Bereich an. Über ihre positive Entwicklung ist sie selbst erstaunt: „Ich erkenne die Frau von damals nicht wieder, weil ich jetzt ein ganz anderer Mensch bin.“ Das bestätigte ihr der Vorsitzende Richter, der sie aus einer früheren Verhandlung kennt: „2019 hatten Sie Schwierigkeiten, einen Satz herauszubringen.“ Vom Landgericht Essen ist Linda S. 2019 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Bei dieser Verhandlung ging es auch um die jetzt angeklagten Vorwürfe. Eine zweite Anklage wegen Vorfällen aus dem Jahr 2020 ließ sich nicht erhärten, weil der Zeuge, ihr jetziger Verlobter, von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machte. Deshalb wurde das Verfahren vor dem Schöffengericht Gladbeck mit Zustimmung aller Beteiligten eingestellt.