Gladbeck. 2045 Verkehrsunfälle gab es laut Polizeistatistik 2020 in Gladbeck. Weniger als in den Vorjahren. Das hat auch etwas mit Corona zu tun.
Weniger Straßenverkehr, weniger Unfälle, weniger Verletzte. Auf diese Formel lassen sich die Daten der Verkehrsunfallstatistik 2020 bringen, die das Polizeipräsidium Recklinghausen am Mittwoch vorlegte. Die Corona-Pandemie macht einen zentralen Faktor in der Rechnung aus – auch in Gladbeck krachte es weniger häufig als in den Vorjahren. Die Stadt gehört – verkehrstechnisch gesehen – behördenweit zu den sichersten.
Das belegt die Verunglückten-Häufigkeitszahl, die sich aus den Fällen in Relation zu 100.000 Einwohnern errechnen lässt. Für das gesamte Präsidiumsgebiet ist sie mit 305 angegeben, für Gladbeck mit 268. Polizeidirektor Martin Kirchner, Leiter der Direktion Verkehr: „Damit steht Gladbeck nach Waltrop und Oer-Erkenschwick an dritter Stelle: Das ist eine sehr positive Entwicklung.“
Gladbeck: Zwei Stellen erwiesen sich als verkehrsunfallträchtig
Insgesamt weist der aktuelle Bericht für Gladbeck 2045 Verkehrsunfälle aus – das sind 12,64 Prozent weniger als im Jahr 2019 (2341). Die absteigende Tendenz ist behördenweit erkennbar. Insgesamt 19.701 Verkehrsunfälle sind beim Polizeipräsidium Recklinghausen aufgenommen worden. Das waren 2725 weniger als im Vorjahr (22.426) und damit der niedrigste Wert im Vergleich der vergangenen fünf Jahre. Erklärung der Polizei: „Viele Berufstätige waren und sind in Kurzarbeit oder arbeiten im Homeoffice.“ Lockdown-Phasen und damit Schließungen vieler Geschäfte und Homeschooling führten außerdem dazu, dass auf den Straßen weniger Verkehr herrschte.
Auf Gladbecker Straßen verunglückte niemand tödlich
Im gesamten Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums starben im zurückliegenden Jahr fünf Menschen. Jedoch – wie auch 2019 – keiner davon auf Gladbecker Straßen. „So erschütternd jeder tödliche Verkehrsunfall ist – in der Gesamtbetrachtung bleibt festzuhalten, dass dies die niedrigste Zahl an Verkehrstoten im Kreis Recklinghausen/Bottrop der vergangenen Jahre darstellt. Im Jahr 2018 verloren 18 Verkehrsteilnehmer bei Unfällen ihr Leben, 2019 waren es elf“, betont die Polizei.
In Gladbeck verunglückten laut aktueller Auswertung 203 Verkehrsteilnehmer, im Vorjahr waren es 249. Der Bericht 2020 führt 38 Unfälle auf, bei denen Beteiligte schwere Verletzungen erlitten. Das ist ein Plus von sechs im Vorjahresvergleich. Im gesamten Präsidiumsbezirk sank diese Zahl von 561 im Jahr 2019 auf 477.
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Auf Gladbecker Asphalt zogen sich 22 Fußgänger Verletzungen zu (2019: 42), Radfahrer waren 63 Mal betroffen – einer weniger als im Vorjahr. Davon waren 23 motorisiert unterwegs (2019: 25). Radelnde Kinder waren viermal unter den Verletzten – ein Minus von elf. Die Behörde stellt fest, dass weniger Mädchen und Jungen in ihrem Einzugsgebiet verunglückten: „Der niedrigste Wert im Fünf-Jahres-Vergleich.“ Insgesamt 168 Kinder führt die Statistik 2020 als verletzt. „Da der Unterricht über mehrere Wochen auf Distanz lief und der Schulweg während dieser Zeit für Kinder entfiel, die nicht in die Notbetreuung gingen, ist diese im Jahresvergleich niedrige Zahl in erster Linie auf die pandemiebedingten Einschränkungen zurückzuführen“, so der Bericht.
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Schulungen der Polizei
In Corona-Zeiten sind viele Menschen – auch in Gladbeck – auf Pedelecs und E-Bikes umgestiegen. „Vor allem viele ältere Verkehrsteilnehmer haben technisch unterstützte Fahrräder für sich entdeckt“, bemerkt die Polizei.
Doch es ist laut Fachleuten gar nicht so simpel, diese Fahrzeuge zu nutzen. „Da mit Pedelecs und E-Bikes in der Regel schneller gefahren wird, erfordert dies für einen sicheren Umgang Übung sowie besonders umsichtiges Verhalten.“
Die Dienststelle „Verkehrsunfallprävention/Opferschutz“ der Direktion Verkehr hatte daher bereits im Jahr 2019 ein Präventionsprogramm mit Schulungsinhalten insbesondere für die radelnde ältere Generation entwickelt. Aber: Wegen der Corona-Pandemie mussten im Jahr 2020 einige geplante Veranstaltungen abgesagt werden.
Das traf auch Angebote für Kinder und Jugendliche – „eine wesentliche Zielgruppe im Bereich der polizeilichen Verkehrssicherheitsarbeit“. Sie beginnt im Kindergarten und reicht bis zu den weiterführenden Schulen. Aus Gründen des Pandemie-Schutzes konnte dieser Bereich nur eingeschränkt laufen. Im Präventionsprojekt „Crash-Kurs NRW“, das junge Fahrer für die Gefahren des Straßenverkehrs sensibilisieren und zu verantwortungsbewusstem Verhalten anleiten soll, wurden in 31 Veranstaltungen dennoch rund 6800 Schüler erreicht.
Inwieweit sich die Corona-Krise auf die Entwicklung der Unfallzahlen niederschlägt, da vermag Kirchner nur zu spekulieren. Der Fachmann nennt ein Beispiel: „Vielleicht sind mehr Menschen aufs Fahrrad umgestiegen, aber andere dafür zu Hause geblieben.“ Topologische Gegebenheiten und die Infrastruktur könnten ebenfalls zum Tragen kommen. Aber, wie gesagt: reine Vermutung.
Die häufigste Ursache aller Verkehrsunfälle: Abbiegen beziehungsweise Wenden
Die häufigste Ursache aller Verkehrsunfälle in Gladbeck, wie in anderen Städten, mit fast 50 Prozent: Abbiegen beziehungsweise Wenden. Als Knackpunkte wurden die Beisenstraße südlich der A2 und die Graben-/Wilhelmstraße ausgemacht. Solche Stellen „haben wir mit der Unfallkommission im Fokus“, sagt Kirchner. Auf Platz 2 der Hauptursachen für Verkehrsunfälle rangiert die Missachtung von Vorfahrt/Vorrang mit 17,2 Prozent, gefolgt von Geschwindigkeit mit deutlichem Abstand (3,55 Prozent).
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Prävention, Repression und kommunale Maßnahmen, so Kirchner, tragen dazu bei, dass Verkehrsunfallzahlen sinken. Er ergänzt: „Die Fahrzeugtechnik wird immer weiter entwickelt. Assistenten wie der Tote-Winkel-Warner können Unfälle verhindern.“ Aber es dürfte unstrittig sein, dass die Corona-Pandemie mit all ihren Beschränkungen einen positiven Einfluss auf das Verkehrsgeschehen genommen hat. Martin Kirchner: „2020 war ein Ausnahmejahr!“