Gladbeck. ADFC-Sprecherin Vera Bücker spricht sich für Pop-up-Radwege aus. Die Expertin fordert einen “Fahrrad-Satz“ von zehn Euro pro Kopf

In Corona-Zeiten satteln die Menschen auf vielerlei Gebieten um. Nehmen wir beispielsweise Sportmuffel, die auf einmal körperliche Betätigung im Freien für sich entdecken: wie Joggen, Wandern und Radeln. Die Pandemie hat einen wahren Run auf Drahtesel ausgelöst, stellten beispielsweise Fachhändler fest. Und wenn großes Interesse an etwas besteht, treten Stolpersteine und neue Ziele zutage. Welche Lehren lassen sich für den Fahrradverkehr aus den Erfahrungen der vergangenen Monate ziehen? Vera Bücker, die für die ADFC-Gruppe Gladbeck spricht, hätte dazu Ideen...

Sie bestätigt, dass offenbar viele Menschen im Krisenjahr 2020 vom Auto aufs Fahrrad umgestiegen sind - oder einfach gerne in die Pedale getreten haben. Schließlich waren ja Freizeit- und Sporteinrichtungen lange Zeit dicht wie jetzt auch wieder. "Das belegen Zählstellen, die es fast überall gibt, zum Beispiel in Mülheim und Oberhausen", berichtet die Expertin, "mehr Leute nutzen das Fahrrad." Für den Radschnellweg in Mülheim/Ruhr habe die Zählstelle ein Plus von 50 Prozent ausgewiesen. Wie sich die Situation in Gladbeck entwickelt habe, sei derzeit (noch) nicht zahlenmäßig belegbar.

In Gladbeck könnten Autospuren zu Radwegen umfunktioniert werden

Nichtsdestotrotz sieht Bücker durchaus konkrete Ansatzpunkte für eine Verbesserung des lokalen Fahrradverkehrs. Eine "Erfindung" aus der Corona-Phase: Pop-up-Radwege. Zu Deutsch: Auf Straßen mit mehreren Bahnen für motorisierte Fahrzeuge wird eine per Blumenkübel oder andere Gegenstände abgetrennt. Diese ist dann Radlern vorbehalten. "Das ist erst mal nicht als dauerhafte Einrichtung gedacht, kann aber dazu werden", so die ADFC-Sprecherin.

Vera Bücker: "Es müssen die Voraussetzungen für eine Verkehrswende geschaffen werden"

Eine Strecke, die zum Pop-up-Radweg werden könnte, haben Bürgermeisterin Bettina Weist sowie Politiker verschiedener Lager bereits bei einem Fahrrad-Kongress im vergangenen Jahr ins Gespräch gebracht, nämlich die Wilhelmstraße. Bücker kann sich vorstellen, darüber hinauszugehen, denn: "Bei einigen vierspurigen Straßen sind diese Radwege möglich." So wären ebenfalls die Schützen- und Sandstraße potenzielle Kandidatinnen. Die ADFC-Expertin meint: "Das wäre eine unkomplizierte Verbesserung, für die nicht lange umgebaut werden müsste." Aus welchem Grunde sollte in Gladbeck nicht laufen, was in Großstädten wie Essen, Köln und Düsseldorf mit höherem Verkehrsaufkommen funktioniert?

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Ein Anfang in eine schönere, neue Radlerwelt. Bücker betont: "Wir müssen die Voraussetzungen für eine Verkehrswende schaffen, dazu gehören auch ordentliche, komfortable Fahrradwege." Unangenehme Routen wie die Buersche Straße, auf denen Drahtesel-Nutzer Angst hätten, den Fahrradweg zu benutzen, bremsen aus Sicht der ADFC-Sprecherin den Fortgang zum Positiven.

Vera Bücker fordert im städtischen Haushalt einen eigenen Posten für den Fahrradverkehr

Keine Frage, dass so manches Projekt nicht zum Nulltarif realisierbar ist. Deswegen sei eine Umsetzung der Punkte im Gladbecker Fahrradverkehrskonzept wichtig. Bücker hat zudem die Parteien mit der Bitte angeschrieben, im Haushalt gezielt einen Posten für dieses Thema auszuweisen. Zehn Euro pro Einwohner im Jahr, das fordert die passionierte Radfahrerin mit Blick auf das leere Stadtsäckel. Sie hat sich bei diesem Satz an mehreren Punkten orientiert. "Ein Papier des Bundesverkehrsministerium schlägt acht bis 16 Euro vor", sagt sie. Der ADFC Oberhausen "will 25 Euro", in Hannover seien 18 Euro angesetzt. Bücker: "Gladbeck hatte vor einigen Jahren insgesamt 120.000 Euro gemeinsam für Fußgänger und Fahrradfahrer vorgesehen." Der größte Teil sei für die erstgenannte Gruppe ausgegeben worden. Nun verlangt Vera Bücker eben einen gesonderten Posten für den Fahrradverkehr. Ihr Vorstoß fußt auf der festen Überzeugung: "Der Boom wird an Gladbeck vorbeigehen, wenn wir nichts machen."

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