Gladbeck. Ein 35-Jähriger muss sich in Gladbeck vor Gericht wegen Sex’ mit einer 13-Jährigen verantworten. Viele Fragen sind offen.
Das Mädchen war erst 13, der Mann 35, und die beiden hatten Geschlechtsverkehr miteinander – ob einvernehmlich oder nicht, ist unklar. W. muss sich wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Gladbeck verantworten.
Es war im Mai 2020, als W. nachts, auf dem Heimweg von einer Party, auf dem Zweckeler Markt vier Jugendliche traf, von denen er einen kannte. Man plauderte miteinander, und schließlich gingen die jungen Leute, unter ihnen die 13-jährige E., mit in seinen nahe gelegenen Kleingarten. Es gab Getränke, auch Alkohol, und irgendwann hat sich das Mädchen, nach übereinstimmenden Aussagen, auf den Schoß des Gastgebers gesetzt und seinen Hals geküsst. In den frühen Morgenstunden machten sich die drei Jungen auf den Heimweg, die 13-Jährige wollte nicht nach Hause, sondern mit in seine Wohnung, sagten sowohl der Angeklagte als auch Zeugen aus.
Gladbeck: Es soll ein psychologisches Glaubwürdigkeitsgutachten erstellt werden
„Ich hatte nicht aufgeräumt, konnte sie also nicht mit zu mir nehmen und habe ihr deshalb vorgeschlagen, im Hotel van der Valk zu übernachten“, berichtete der Beschuldigte. Dass sie erst 13 war, habe er nicht gewusst. Sie habe ihm erzählt, sie mache bald Abitur, und sie habe deutlich älter ausgesehen.
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„Ich bin davon ausgegangen, dass sie mindestens 18 ist, sonst wäre das nicht passiert.“ Im Hotelzimmer sei es zwar zu Zärtlichkeiten gekommen, nicht aber zum Geschlechtsverkehr, behauptete der Mann zunächst: „Wir haben gekuschelt, gestreichelt und geknutscht. Das war’s. Dann sind wir eingeschlafen. Am nächsten Mittag hat sie mich geweckt, und als sie ungeschminkt aus dem Badezimmer kam, habe ich bemerkt, dass sie noch sehr jung ist. Da habe ich sie nach ihrem Alter gefragt, und sie sagte, sie sei 14. Ich war echt geschockt. Wir haben noch auf dem Bett gechillt, dann sind wir mit dem Taxi zurück zum Kleingarten, und sie ist mit dem Rad weggefahren.“
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Wenig überzeugend, eher lebensfremd, fanden der Vorsitzende Richter Bernd Wedig und der Staatsanwalt diese Version. Und als dann noch eine Zeugin aussagte, einer der Jungen, die den Abend im Kleingarten verbracht hatten, habe das ungleiche Paar beim Oralverkehr in der Laube gesehen, räumte W. sowohl das als auch den Geschlechtsverkehr im Hotel ein. Aber: „Ich habe sie nicht vergewaltigt. Sie hat freiwillig mitgemacht, und ich wusste nicht, wie jung sie noch ist.“
Angeklagter schwer verletzt
Die Vorfälle im Mai vergangenen Jahres hatten für den Angeklagten nicht nur diese Gerichtsverhandlung zur Folge. Sie hätten ihn beinahe das Leben gekostet.
Der Exfreund des Mädchens hat ihn nach den Vorfällen im Hotel auf offener Straße mit Messerstichen schwer verletzt. Der 35-Jährige konnte sich noch zu Fuß von Zweckel zum St. Barbara-Hospital schleppen und wäre fast verblutet. Der Täter sitzt in Untersuchungshaft und wird sich vor dem Landgericht wegen versuchten Totschlags verantworten müssen.
Gegenüber einer Freundin und ihrer Pflegemutter hatte E. von einer Vergewaltigung gesprochen. Die drei gingen gemeinsam zur Polizei und erstatteten Anzeige gegen den 35-Jährigen. Zur Verhandlung erschien das Mädchen nicht. „Sie hat sich im Bad eingeschlossen, will nicht noch einmal über den Vorfall sprechen. Ich konnte nichts machen“, sagte ihre Pflegemutter vor Gericht. E., die seit acht Jahren bei ihr lebt, verschwinde immer mal wieder, habe auch schon vor dem Ereignis sexuelle Erfahrungen gesammelt.
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Was genau im Hotelzimmer geschah, soll jetzt mit Hilfe eines psychologischen Glaubwürdigkeitsgutachtens möglichst geklärt werden. Dem Mädchen bleibt es also nicht erspart, noch einmal über die Ereignisse zu sprechen. Und auch vor Gericht wird sie aussagen müssen – in Abwesenheit des Angeklagten, versprach der Vorsitzende Richter der Pflegemutter.