Gladbeck. Ein Gladbecker soll damit gedroht haben, sich selbst, seine Frau und den Sohn (3) anzuzünden. Warum das Gerichtsurteil trotzdem mild ausfiel.

Anfangs ermittelte die Polizei wegen eines versuchten Tötungsdelikts, Anklage erhoben wurde schließlich u. a. wegen gefährlicher Körperverletzung. Verurteilt wurde der 29-Jährige vor dem Schöffengericht am Amtsgericht jetzt „nur“ wegen versuchter Körperverletzung und Bedrohung.

In der gemeinsamen Wohnung gerieten der Angeklagte und seine Frau in heftigen Streit

In der gemeinsamen Wohnung waren H. und seine Frau am 13. Februar dieses Jahres in heftigen Streit geraten – wie schon oft in der fünfjährigen Ehe, wie beide dem Gericht eindrucksvoll schilderten. Mehrfach hatten sie sich schon getrennt. Immer ging es um ihre Eifersucht, um sein Haus in der tunesischen Heimat, um Zwistigkeiten mit und zwischen den Familien, die miteinander verwandt sind. Seine und ihre Mutter sind Schwestern.

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Am Vorabend des Valentinstags wollte H. seiner Frau Blumen schenken. Sie lehnte ab, weil es schon am Morgen wieder Auseinandersetzungen gegeben hatte. Die Situation eskalierte derartig, dass H. die Blumen samt Gefäß (wie sich im Laufe der Verhandlung herausstellte keine Vase, sondern ein Plastikbehälter) auf den Boden warf. Laut Anklage und Aussage der Frau zielte er in ihre Richtung, nach seiner Version auf den Boden.

Der 29-Jährige schnappte sich eine Flasche mit Bioethanol vom Balkon

Anschließend rannte der 29-Jährige auf den Balkon, schnappte sich eine Flasche mit Bioethanol. Sie versuchte, ihm die brennbare Flüssigkeit zu entreißen. Er soll den Inhalt über sich und über seiner Frau ausgekippt und gedroht haben, sich selbst, sie und den gemeinsamen dreijährigen Sohn anzuzünden. „Er hat das Ethanol in Tötungsabsicht bewusst in meine Richtung geschüttet“, sagte sie als Zeugin. Sein Blick sei dabei eindeutig in Richtung der Fensterbank gegangen, wo in der Regel ein Feuerzeug liege, an diesem Tag allerdings nicht. Die Frau schnappte sich den Jungen und rannte, nach ihrer Schilderung nur spärlich bekleidet und laut um Hilfe schreiend, aus der Wohnung.

Der Angeklagte schilderte die Vorfälle anders. Er habe seiner Frau und dem Kind nichts antun, sondern sich selbst das Leben nehmen wollen, weil er den ständigen Druck, die unberechtigten Vorwürfe und Beleidigungen nicht mehr habe ertragen können. „Ich konnte nicht mehr, wollte einfach nur noch meine Ruhe haben.“ Die brennbare Flüssigkeit habe er deshalb über seinen Körper geschüttet, und nur in dem Gerangel habe etwas davon auch sie getroffen.

Gericht sieht Vorwurf der versuchten gefährlichen Körperverletzung als nicht haltbar an

Das Gericht verurteilte H. zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen von je zehn Euro (dem Einkommen entsprechend). Die Vorfälle hätten sich im Verlauf der Verhandlung als nicht so dramatisch erwiesen wie in der Anklage beschrieben, sagte Vorsitzender Richter Markus Bley in der Urteilsbegründung. Das Plastikgefäß samt Blumen hätte, selbst wenn die Frau davon getroffen worden wäre, keine schweren Verletzungen verursachen können. Dass er die brennbare Flüssigkeit ausgeschüttet hat, sei unzweifelhaft, die Bedrohung wahrscheinlich. Bis zur tatsächlichen Entzündung des Ethanols aber wären noch mehrere Schritte notwendig gewesen, so Bley. Deshalb sei auch in diesem Fall der Vorwurf der versuchten gefährlichen Körperverletzung nicht haltbar.

H. und seine Frau leben seit dem Tattag getrennt. Er hat nach eigenem Bekunden „endlich meine Ruhe“ und eine neue Partnerin – wieder eine Cousine.

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