Gladbeck. Kunst und Kultur, Gesundheit und Geselligkeit: Das Virus hat die Aktivitäten auf vielerlei Gebieten gestoppt. Da sind Ideen gefragt.

Ach, was waren das für schöne Zeiten, als Musik-Fans gemeinsam probten, Kunst-Liebhaber Ausstellungen besuchten, und die Menschen in Gladbeck bei der Fülle von Veranstaltungsangeboten die Qual der Wahl hatte - "damals, vor Corona". Die Verbreitung des Virus' stoppte derlei Aktivitäten in Kunst und Kultur, Gesundheit und Geselligkeit. Wie haben Vereine und Betroffene die Zwangspausen durch Lockdown und Beschränkungen bisher erlebt? Gibt es Überlebensstrategien oder vielleicht sogar Lehren, die sich aus der Krise ziehen lassen?

Auch wenn das Gladbecker Kammerorchester in der Öffentlichkeit keinen Laut von sich gibt, betont Joachim Böckmann: "Uns gibt's noch!" Trotz aller Schwierigkeiten in Folge der Corona-Maßnahmen. Der zweite Vorsitzende des Kammerorchesters erzählt: "Beim ersten Lockdown hatten wir das Problem, dass wir nicht mehr im Heisenberg-Gymnasium proben durften." Für den künstlerischen Leiter bedeutete das: kein Geld. Doch die 65 Mitglieder des Vereins bewiesen Zusammenhalt in ihrer Musiker-Familie. "Solidarisch haben wir alle trotzdem unseren künstlerischen Leiter bezahlt", so Böckmann.

Gladbeck: Die Mitglieder des Kammerorchesters bezahlten ihren künstlerischen Leiter aus eigener Tasche

Mit einem "sehr, sehr großen Aufwand" tüftelte die Vereinsvorsitzende Marina Arendt ein Hygiene-Konzept aus, so dass das Kammerorchester zu Sommeranfang 2020 wieder in der Runde zu den Instrumenten greifen konnte. Zentrale Bausteine: Plexiglasschutzwände für die Bläsersektion, Mindestabstände, Aufteilung der Mitglieder in zwei Räume.

"Das Zusammenspiel hat uns wirklich gefehlt", sagt Böckmann. Auch wenn es durch die 1,50-Meter-Distanz schwieriger geworden sei, aber: "Das führt zu einem Trainingseffekt." Die fast 40 Mitglieder in einer Altersspanne zwischen 20 und plus 80 hoffen, in diesem Jahr wieder ihr gewohntes Konzert am Totensonntag geben zu können.

Der Förderverein Kotten Nie plant trotz der Rückschläge weiter Veranstaltungen

Optimistisch zeigt sich auch Walter Pietzka, der Vorsitzende des Fördervereins Kotten Nie - auch wenn im vergangenen Jahr Hoffnungen enttäuscht wurden: "Der erste Lockdown hat uns kalt erwischt. Ganz lange haben wir an unserem Osterfest festgehalten." Doch daraus wurde nichts. "Erst im Frühsommer kam bei uns wieder Optimismus auf", erinnert sich Pietzka. Der Neustart lief unter Corona-Bedingungen mit begrenztem Publikum, Maskenpflicht, Kontaktlisten - was inzwischen Normalität geworden sei. "Aber es war nicht so, dass uns die Besucher die Bude eingerannt haben. Sie waren sehr vorsichtig und zurückhaltend", so der Vereinsvorsitzende. Nur zwei der insgesamt neun Termine, darunter der Familiensonntag und eine Pizza-Aktion, waren ausverkauft - bei Auftritten von Rainer Migenda. Ansonsten seien jeweils zwischen 50 und 100 Gäste am Kotten Nie gewesen. Zum Vergleich: Mehr als insgesamt 10.000 Besucher genossen im Jahr 2019 die gut 80 Veranstaltungen.

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Wo nicht gefeiert wird, kommt auch kein Geld durch den Verkauf von Waffeln & Co. in die Kasse. Der Verein mit stabil fast 400 Mitgliedern stehe "finanziell auf sehr gesunden Füßen": "Aber anteilig sind wir auch ein Wirtschaftsunternehmen. Wir haben an der Corona-Soforthilfe mit 9000 Euro partizipieren dürfen." Zudem habe der Verein Investitionen ausgesetzt, "wir fahren auch Kurzarbeit".

Die Kotten-Aktiven können es kaum erwarten, wieder loszulegen. Ein Programm 2021 haben sie schon geplant. Wie im Vorjahr sind Termine mit den Künstlern, beispielsweise für italienische und kubanische Konzerte abgesprochen, aber nicht vertraglich besiegelt. Es wäre schön, wenn's zur Eröffnung mit dem Osterfest klappt. Pietzka ist aber skeptisch: "Daran glaube ich nicht."

Kunst-Fans bestellen Werke von Susanne A. Schalz

Künstlerin Susanne A. Schalz hat für ihr Magazin bisher keine Termine gebucht, so auf blauen Dunst "wäre das unseriös". Sämtliche Veranstaltungen hat sie im Jahr 2020 gestrichen. Schalz: "Einzig die Kunstroute im Sommer war möglich - ein großer Erfolg." Was sich bei ihr bewährt habe: Click and Collect, also Online-Bestellung und Abholung vor Ort an der Talstraße - sei es nun ein Bild, eine Alwinchen-Skulptur, ein Poster oder eine "Pott-Tassen".

Die Kleingartenvereine sind "blendend durch das Corona-Jahr gekommen"

"Wir sind unterm Strich blendend durch das Corona-Jahr gekommen", bilanziert Stephan Winter, Vorsitzender im Bezirksverband der Kleingärtner. Der Zulauf, gerade von jungen Familien, sei so groß wie nie zuvor, die Vereine müssten sogar Wartelisten führen. Winter: "Wir haben keine Leerstände und keine Austritte."

Dem Kneippverein stand als Ausweichmöglichkeit der Garten zur Verfügung

Wie die Schrebergärtner konnten sich Gladbecker beim Kneippverein ebenfalls unter freiem Himmel betätigen. Die Vorsitzende Josi Marten: "Es ist unser Vorteil, dass wir in der Nähe zu unserer Geschäftsstelle den Garten haben." Dorthin konnte so manches Angebot - wie überall unter Schutz-Regelungen - verlegt werden. Dennoch fiel manches aus. Sie und Geschäftsführerin Marianne Kalfhues sehen in den Erfahrungen eine Chance für die Zukunft: Vielleicht sei es ja möglich, auch neue Angebote unter freiem Himmel durchzuführen. Doch zunächst peilen die Kneippianer ihren Gesundheitstag im Mai an - wenn das Coronavirus ihnen nicht wieder die Planung durchkreuzt.

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