Gladbeck. Fachleute schnüren in Gladbeck ein Paket von Maßnahmen, um der Vögel Herr zu werden. Zu den Mitteln gehören: Gänse-Monitoring und Höckerschwan.
Sie fühlen sich mit ihren Kleinen rund um das Wasserschloss Wittringen und im Nordpark wohl, so richtig zuhause. Nein, die Rede ist nicht von Zweibeinern, die mit Kind und Kegel die Freizeit-Oasen in Gladbeck ansteuern, um sich zu erholen. Denn Entspannung finden Menschen in diesen Anlagen häufig nicht: Kanadagänse sind ihnen im Weg – und zwar bisweilen in rauen Mengen. Nun greift eine städtische Task Force ein, um der Vögel Herr zu werden.
Jahr für Jahr sind vor allem die haufenweisen Hinterlassenschaften und aggressives Verhalten Besuchern ein Dorn im Auge. Die „Eingreiftruppe Kanadagans“ nimmt das Problem jetzt verschärft ins Visier. Ralf Sonnenberg, Fachmann beim Zentralen Betriebshof Gladbeck, sagt: „Unsere Task Force steht unter der Schirmherrschaft von Jürgen Harks, Leiter der städtischen Umweltabteilung. Mit dabei sind Achim Mirosavljewitsch-Lucyga als Vertreter für Stadtgrün und Gregor Wirgs, der Leiter des Ordnungsamtes.“ Zudem sitzt Sonnenberg selbst mit am Tisch: „Also Mitglieder aller Institutionen, die bei diesem Thema gefragt sind.“ Ein Treffen hat die Arbeitsgruppe bereits absolviert – und die Marschrichtung ist sonnenklar. Der ZBG-Fachmann: „Wir sind uns einig, dass wir die Kanadagänse bei uns nicht ausrotten wollen, sie sollen ihre Lebensberechtigung behalten.“ Nur, bitteschön, in einem Maß, das auch für den Menschen erträglich ist.
Gladbeck: Die Eindämmung der Kanadagänse kann sich über Jahre ziehen
„Es ist eindeutig, dass wir es mit einem Interessenskonflikt zu tun haben“, weiß Sonnenberg. Da sind einerseits die Gänse, die auf manche Stellen in Gladbeck fliegen, weil hier das Futterangebot samt Wasser und Rückzugsräumen reichlich vorhanden ist. Anderseits folgt daraus ein „massives Problem“: „Vor allem wegen spielender Kinder. Wir haben schon Beschwerden von Eltern und Hinweise vom Jugendschutzbund bekommen – und sie haben Recht.“ Aber den ganzen Tag hinter den Gänsen hinterherputzen? Wohl kaum machbar.
Auch interessant
Die Eingreiftruppe will mit einem ganzen Arsenal von Waffen gegen das von vielen ungeliebte Federvieh zu Felde ziehen: „Es kann nicht nur eine Maßnahme geben, das wird nicht funktionieren.“ Und: „Das wird ein Prozess über mehrere Jahre“, meint der Experte.
Auch interessant
Schon die Ausgangslage ist unübersichtlich. Wie groß ist eigentlich der Bestand? Die Anzahl von Kanadagänsen in Gladbecks Gefilden könne die Stadtverwaltung nicht beziffern, räumt Sonnenberg ein. Aber die Task Force rechnet mit Erkenntnissen eines „Gänse-Monitorings“ – ein Element aus dem Maßnahmenpaket. „Eine Expertin ermittelt die Bestände und betreibt regelrechte Sozialstudien“, erläutert Sonnenberg. Sie soll unter anderem herausfinden: Wie viele Kanadagänse leben wo vor Ort? Wie verhalten sie sich? Wo brüten sie? Wohin ziehen sie?
Auch interessant
Gerade die Antwort auf die letztgenannte Frage dürfte für die Arbeitsgruppe von großem Interesse sein.„Wenn wir wissen, wohin ,unsere’ Gänse an den Niederrhein ziehen, können sie dort gezielt bejagt werden. Das ist da möglich.“ Im Gegensatz zum Gladbecker Stadtgebiet, wo Jäger die Tiere nicht aufs Korn nehmen (siehe Info-Box). Die Option würde den Bestand dezimieren, so dass weniger Kanadagänse wieder Kurs retour auf Wittringen und andere Grünflächen nehmen.
Auch interessant
„Waffe drei“: Es den gefiederten Gästen weniger komfortabel zu machen. Die Überlegung: „In bestimmten Bereichen das Gras wachsen zu lassen.“ Dann wird den Kanadagänsen der Schutz genommen. Und nicht nur das: „Die Vögel wollen die frischen Triebe fressen, das sind richtige Eiweißbomben.“ Lange Halme seien uninteressant. Und wo kein Futter, da keine Kanadagans. Sonnenberg erwartet bei diesem Schritt jedoch Bürgerbeschwerden: Mäht der ZBG etwa nicht mehr? Daher müsse publik gemacht werden, dass Gras gegen Kanadagänse wachsen soll.
Es gilt das Jagdrecht
Als wildlebende Tierart gilt für Kanadagänse das Jagdrecht. Und das sieht Schonzeiten vor.
Innerstädtische Parkanlagen sind befriedete Bereiche, in denen die Jagd verboten ist. Grund: eine potenzielle Gefährdung der Bevölkerung. So sind beispielsweise im Nordpark auch Kinder und Jugendliche auf dem Weg zur Schule unterwegs.
Und noch ein Instrument diskutiert die Task Force, nämlich die Ansiedlung des Höckerschwans. Ein Vergrämen durch Greifvögel, so die derzeitige Einschätzung, werde wahrscheinlich wenig Erfolg zeitigen. Bereits jetzt leben beispielsweise Bussarde in Gladbeck – und schrecken Kanadagänse offensichtlich nicht ab. Aber wie wäre es mit besagtem Höckerschwan? „Er ist der natürliche Brutfeind der Kanadagans, braucht selber ein großes Revier.“ Daher dulden die majestätischen Vögel keine Gänse.
Apropos Brut: Ein probates Mittel zur Eindämmung einer Population wird vielerorts bereits im Umgang mit Stadttauben eingesetzt. Eier werden entnommen und durch Gipsexemplare ersetzt. Verringert sich in Folge der genannten Maßnahmen die Anzahl der Kanadagänse, könnte die Rechnung aufgehen: Weniger Brutpaare, weniger Gelege – weniger Ärger.