Gladbeck. Das Dorf wird zur Stadt: Amtmann Korte hat ab 1885 alle Hände voll zu tun, die Entwicklung zu managen. 1889 bricht ein Bergarbeiterstreik aus.
Als Amtmann Heinrich Korte 1885 seinen Dienst antrat, war Gladbeck noch eher Dorf als Stadt, auch wenn es erste kleinere Geschäftshäuser rund um die Lamberti-Kirche gab. Inklusive der fünf Bauerschaften zählte man gerade einmal 150 Häuser. Viele Wege, vor allem in die Peripherie, waren holprig, eine Infrastruktur musste erst aufgebaut werden. Der Zustrom von Arbeitern, die auf Moltke anlegten, hielt an.
In der Folge nahm die Entwicklung einen explosionsartigen Verlauf: 1886 erhielt Gladbeck die erste evangelische Schule, schon ein Jahr zuvor hatte sich die Spar- und Darlehnskasse (heute Volksbank) gegründet (1916 eröffnete sie ein neues Bankgebäude am Marktplatz). 1887 ließ sich der erste Arzt, Dr. Diedrich, im Schatten der Zwiebelturmkirche nieder. Im gleichen Jahr baute die Gemeinde ein neues Armenhaus am Rande des Dorfes – das Vinzenzheim an der heutigen Buersche Straße. Es wurde 1895 zum Waisenhaus ausgebaut.
Militär beendet Bergarbeiter-Streik 1889: Zwei Tote
1891 eröffnete die erste Apotheke, die Schwanenapotheke (ab 1898 an der Hochstraße). 1893 kam mit Dr. Beckmann ein zweiter Arzt nach Gladbeck. Völlig neuartig war die Planung eines Krankenhauses, das bereits 1887 von Pfarrer Nonn angeregt worden war und der entsprechende Spenden sammelte: Im März 1894 eröffnete der erste Abschnitt des St.-Barbara-Hospitals, das bewusst der heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute, gewidmet war. Dr. Diederich wurde Chefarzt. Im ersten Jahr wurden 277 Patienten behandelt. Bereits 1896 kam der linke Trakt dazu, 1903 der Ostflügel mit Kapelle und Isolierhaus.
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Zum Endes des Jahrzehnts geriet die Zeche Graf Moltke, die für den Aufschwung im Dorf sorgte, in negatives Licht: Am 7. Mai 1889 kam es zum ersten großen Bergarbeiterstreik. Die Arbeiter forderten mehr Lohn, eine achtstündige Arbeitszeit, eine bessere Wetterführung unter Tage und einen überdachten Gang von der Kaue zum Schacht. Auch an anderen Zechen in der Gegend begehrten die Kumpel auf. Der Kaiser verlangte strengstes Vorgehen und schickte Militär. In Gladbeck streikten 1000 Moltke-Kumpel, 500 von ihnen begrüßten das anrückende Militär-Bataillon mit Steinwürfen. Das feuerte scharf zurück: Drei Tote und fünf Verletzte waren zu beklagen. Erst Monate später beruhigte sich die Lage. 1890/91 ein neues Problem: Das Bergwerk hatte mit einem Wassereinbruch zu kämpfen, der den Betrieb über längere Zeit lähmte.
1897 baut die Gemeinde schon ein neues Amtshaus
Als diese Beschwernisse überwunden waren, ging es erneut bergauf: Die Förderung stieg, es kamen wieder mehr Bergleute. Unter ihnen immer mehr evangelische Christen. Die Folge: 1893 wurden die Protestanten in Gladbeck selbstständig. Sie schieden aus der Kirchengemeinde Dorsten aus. In der Nähe zum Amtshaus entstand an der Bottroper Straße im gleichen Jahr ein erstes, aus Holz erbautes Bethaus. Erster evangelischer Pfarrer wurde 1895 Pastor Auf der Heyde. 7783 Einwohner zählte Gladbeck zu diesem Zeitpunkt bereits (zehn Jahre zuvor, 1885, waren es noch 4464 gewesen). 1897 begann man mit dem Bau einer Kanalisation, eine erste Müllabfuhr wurde eingerichtet. 1898 wurde die Gasanstalt an der Charlottenstraße in Betrieb genommen und eine neue Straßenbeleuchtung angeschafft. Im gleichen Jahr wurde vereinbart, dass das Wasserwerk Thyssen-Mülheim künftig die Wasserversorgung sicher stellen sollte.
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Amtmann Korte hatte demnach alle Hände voll zu tun und musste/konnte inzwischen auf einen angewachsenen „Beamtenkörper“ zurückgreifen: ein Beigeordneter, zwei Sekretäre, vier Gehilfen, ein Steuereinnehmer, ein Vollziehungsbeamter und drei Polizeidiener. Folge: Das Amtshaus war zu klein, ein neues musste her. Direkt neben dem alten Amtshaus wurde ab März 1897 der Neubau hochgezogen, bereits im Oktober 1897 war er bezugsfertig.
1897 beginnt der Bau der neuen, imposanten Lamberti-Kirche
1898 zählte man rund um den alten Dorfkern 31 Straßen – und sie bekamen erstmals Namen. Im gleichen Jahr entstand der erste Marktplatz in Gladbeck: Die Gemeinde kaufte eine Fläche etwas weiter die Kaiserstraße hinunter und deklarierte sie zum Marktplatz. Er war in den Anfangsjahren eher notdürftig befestigt. 1904 erhielt der Marktplatz noch ein repräsentatives Eckgebäude: Der Kaufmann Heinrich Berger baute es, zwei Jahre später richtete der jüdische Kaufmann Salomon (Sally) Daniel dort sein bekanntes Kaufhaus ein. Ebenfalls 1898 eröffnete die Privatbank Küster, Ullrich und Cie. ein repräsentatives Bankgebäude (späteres Kämmereigebäude, heute Rathausparkplatz).
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Auf der Schwelle zum neuen Jahrhundert spielte sich das Leben meist noch rund um die Lamberti-Kirche ab. Die Bevölkerungszunahme sorgte dafür, dass die rund 100 Jahre alte Zwiebelturmkirche zu klein wurde. Die Kirchengemeinde ersann Pläne für einen imposanten, großen Neubau. Im Mai 1897 begann der Abriss des alten Gotteshauses. Nach Plänen des Regierungsbaumeisters Hertel folgte alsbald der Neubau, der im gotischen Stil ausgeführt wurde. Nach knapp zweieinhalb Jahren wurde an gleicher Stelle die neue St.-Lamberti-Pfarrkirche eingeweiht: mit dem weithin sichtbaren 83 Meter hohen Kirchturm – wieder höher als die Fördertürme und Schlote der Zeche.
1899 entstand an der Bottroper Straße die einst evangelische Aloysiusschule
Schon 1889 hatte die Gemeinde für die evangelischen Kinder im Dorf eine Schule an der Moltkestraße (heute Uhlandstraße) gebaut – in direkter Nachbarschaft zur Kolonie, die dort 1888 entstanden war. Als sie 1898 vergrößert werden sollte, verweigerte die Regierung die Genehmigung – wegen gesundheitsschädlicher Gase, die aus der Halde strömten.
1899 wurde an der Bottroper Straße eine neue evangelische Schule eröffnet – die Aloysiusschule. 1892 war bereits eine Fortbildungsschule gestartet, die spätere gewerbliche Berufsschule. Moers braucht 3 Millionen Euro jährlich für kaputte Straßen.
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In 2019 wird die Stadt Gladbeck 100 Jahre alt. Anlass für uns, die Geschichte Gladbecks, die vor 1000 Jahren begann, in Serie darzustellen. Quellen sind die Bücher „Geschichte der Stadt Gladbeck“ von Rainer Weichelt, „Gladbeck“ von Harald Neumann, „Verdrängte Jahre – Gladbeck unterm Hakenkreuz“ von Frank Bajohr, „Feuersturm an der Ruhr“ aus dem Klartext-Verlag, die Dokumentation „Glabotki ist nicht!“ von Erna-Johanna Fiebig und Rainer Weichelt, die Chronik „40 Jahre Amt Gladbeck“ von Ludwig Bette (von 1925), Expertisen aus dem Stadtarchiv sowie verschiedene Aufsätze von Heimatforschern.
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