Gladbeck.. Der ehemalige P&C-Komplex am Markt besteht eigentlich aus drei Immobilien, die im Lauf der Zeit zusammen gelegt wurden. Ein Rückblick.

Stück für Stück verschwindet in diesen Tagen der Gebäudekomplex an der Ecke Horster Straße/Marktplatz, der über lange Jahre die Bekleidungshäuser Schönhoff und P&C beherbergte. Die Altbebauung weicht einer attraktiven Neugestaltung. Mit dem Abriss geht auch ein Stück Stadtgeschichte verloren: Denn das mehr als 100 Jahre alte Wohn- und Geschäftshaus hatte eine wechselvolle Geschichte hinter sich und stellt insgesamt einen Teil Ortshistorie dar.

Horster Straße 27, 29 und 31

Eigentlich sind es gleich drei Häuser, die sich hinter der schon länger bröckelnden Aluminiumfassade verbergen. Postalisch sind es die Gebäude Horster Straße 27, 29 und 31. Das älteste Haus ist das Haus Nr. 27, direkt neben dem Uhren- und Schmuckgeschäft Pawlak gelegen. Es wurde 1893 von dem Kaufmann Heinrich Berger gebaut, der ab Juni 1904 auch das Eckhaus am Markt, Horster Straße 31, als Wohn- und Geschäftshaus errichtete. Die Baulücke dazwischen, Horster Straße 29 (damals Kaiserstraße), wurde 1918 geschlossen, wobei unklar ist, wer der Bauherr war.

1906 (nicht 1903, wie oft genannt) eröffnete im Eckhaus, das gerade bezugsfertig geworden war, der jüdische Kaufmann Salomon (Sally) Daniel im Alter von 27 Jahren als Pächter ein Kaufhaus und bot dort neben Bekleidung zunächst auch Möbel, Betten und Haushaltsgegenstände an. Dass 1906 das Eröffnungsjahr ist, geht aus einem Bericht aus der „Gladbecker Zeitung“ vom 21. Februar 1931 hervor, in der über das 25-jährige Bestehen des Geschäfts berichtet wurde.

55 Mitarbeiter beschäftigte Daniel damals in seinem Kaufhaus

Zwischenzeitlich hatte Sally Daniel, der aus Süddeutschland stammte und zuletzt in Braunschweig lebte, das Haus nebenan, Kaiserstraße 29, erworben. 1928 stellten Berger und Daniel den Bauantrag, die Geschäftsflächen der Häuser Nr. 31 und 29 mit Hilfe eines Durchbruchs und Abbau der Wände zu verbinden, was auch geschah. Daniel weitete so sein Kaufhaus aus. Auch das gesamte obere Stockwerk wurde Kaufhausfläche. 55 Mitarbeiter beschäftigte Daniel damals.

Nazis zwangen Daniel zum Verkauf

1935 wurde die Familie Daniel unter Druck Gladbecker Nazis gezwungen, Haus und Geschäft für wenig Geld an die Krefelder Firma Strack zu verkaufen, die das Haus als Laden für Damenbekleidung weiterführte. In einer Tageszeitungsanzeige von 1936 ist von der Übernahme des Geschäfts durch die Firma Strack & Co nach 30-jährigen Bestehen des Hauses unter dem Namen „Gebr. Daniel“ die Rede. Die Daniels zogen zunächst nach Köln, noch vor Kriegsbeginn gelang ihnen die Ausreise nach London. Nach dem Krieg gingen sie nach Israel, wo Sally Daniel in den 50er Jahren verstarb.

Das Geschäftslokal am Markt übernahm 1952 Alex Schönhoff von Strack & Co. Schönhoff stammte aus dem westfälischen Lengerich, wo er 1906 geboren worden war. In Leipzig lernte er Textilkaufmann, machte sich schon 1934 in Mitteldeutschland selbstständig. Nach dem Krieg verließ er die „Ostzone“, kam nach Gladbeck, wo er das Textilgeschäft am Markt zu neuer Blüte führte.

1967 kam die Alufassade

Schon 1955 realisierte er die Passage, die lange das Haus prägte. 1966 erhielt Schönhoff die Baugenehmigung, die Geschäftsfläche zu erweitern – durch einen Durchbruch zum Nachbarhaus Horster Straße 27, das er schon 1964 gepachtet hatte. Um dem Gebäudekomplex ein einheitliches Aussehen zu geben, wurden die drei Häuser 1967 mit der Aluminiumfassade versehen. Im Kellergeschoss wurde eine weitere Verkaufsetage eingerichtet. Schönhoff führte das Haus bis 1977, zuletzt hatte er 185 Mitarbeiter. Altersbedingt übergab er das Geschäft an die Kette P & C, da seine Kinder es nicht übernehmen wollten.

Ende 2007 wurde die P&C-Filiale in Gladbeck "ersatzlos" geschlossen

P&C führte das Haus 30 Jahre bis Ende 2007, als der Konzern die Filiale aus wirtschaftlichen Gründen, wie es hieß, ersatzlos schloss. Damit endete nach 101 Jahren die Nutzung der Immobilie(n) als Kaufhaus. Seitdem stand es meistens leer, beherbergte für kurze Zeit einmal einen Reste-Shop. Im Februar 2013 erwarb die Bottroper Firma Jockenhöfer & Babiel den Komplex, den sie jetzt abreißen lässt. Drei Neubauten mit Wohnungen und Gewerbeflächen im Erdgeschoss sind geplant