Essen. . Madeleine W. (23) aus Gelsenkirchen wurde im Februar in Essen brutal ermordet. Der 21-jährige Halbbruder habe die junge Mutter zum Schrebergarten des Stiefvaters in Dellwig gebracht, so seine beiden Verteidiger. Von dem Verbrechen will er laut seinen Anwälten aber nichts gewusst haben.

Die 23-jährige Madeleine W. wurde geknebelt und gefesselt in ein Erdloch im Schrebergarten ihres Stiefvaters in Dellwig geworfen und unter mehreren Schichten Erde und Beton begraben. So fanden die Ermittler die junge Mutter am 18. Februar. Ob Madeleine lebendig begraben wurde, untersucht aktuell die Rechtsmedizin. Seit rund zwei Wochen sitzen in dem Fall Madeleines Stiefvater Günther O. (47) und Halbbruder Daniel (21) in Untersuchungshaft. Gegen sie wird wegen Mordes ermittelt. Die Anwälte des 21-Jährigen, Verena Metzmacher und Hans Reinhardt, berichten nun von dem Fall.

Demnach bestreite der Halbbruder, an dem Mord beteiligt gewesen zu sein. Er habe Madeleine am 11. Februar – dem Tag an dem die 23-Jährige ihr zweijährige Tochter morgens in den Kindergarten brachte und anschließend zunächst spurlos verschwand – am Hauptbahnhof in Gelsenkirchen mit dem Auto abgeholt. „Madeleine habe keinen panischen Eindruck gemacht“, gibt Metzmacher, Pflichtverteidigerin aus Gelsenkirchen, die Angaben ihres Mandanten wieder. Die 23-Jährige hätte jederzeit aus dem Wagen aussteigen können, so die Anwältin.

Der Stiefvater sei dann dazugekommen, so Reinhardt, und gemeinsam sei man zu dem Schrebergarten des Stiefvaters in der Kleingartenanlage „Hesselbach 1+2“ gefahren. Dort habe der 47-Jährige den Halbbruder unter dem Vorwand, er solle die leibliche Mutter von Madeleine zu einer gemeinsamen Aussprache holen, weggeschickt, erklärt Reinhardt, der Marler Wahlverteidiger des 21-Jährigen.

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ass dieses Treffen offenbar tödlich für Madeleine endete, davon habe der Halbbruder laut seiner beiden Verteidiger nichts geahnt. „Er wusste, dass sie Streit hatten“, erklärt Reinhard: „Sein Anliegen war es, dass Frieden in der Familie herrscht.“ Und Metzmacher sagt: „Er fühlte sich als Onkel dem zweijährigen Kind verpflichtet.“

Angespannte Familiensituation

Die Situation ist für Außenstehende nur schwer vorstellbar. Madeleine hatte vor rund einem Jahr ihren Stiefvater wegen sexuellen Missbrauchs angezeigt, war vor ihm in ein Frauenhaus geflüchtet. Ob die anderen Familienmitglieder vom möglichen jahrelangen Missbrauch an Madeleine gewusst haben, ist unklar. Offen bleibt bislang auch, warum sie nichts gegen den Stiefvater unternommen haben, sollte er sich an Madeleine vergangen haben.

Die Familiensituation sei sehr angespannt gewesen, erklärt Reinhardt. Günther O. habe die Familie mit strenger Hand geführt. Metzmacher bezeichnet den Stiefvater als „Patriarchen“, er habe innerhalb der Familie alle Strippen in der Hand gehabt, alle Familienmitglieder seien auf ihn angewiesen gewesen, auch finanziell. Demgegenüber habe der 21-Jährige, der bis zur Untersuchungshaft in einer Fördermaßnahme der Stadt Essen war, eine „Reifeverzögerung“, so Reinhardt, er weise kindliche Züge auf. In der JVA dürften ihn nur seine Anwälte besuchen, Kontakt zur leiblichen Mutter gebe es nicht.