Gelsenkirchen.
Sie sind schon auf dem Flur zu hören, helle Kinderstimmen, die fröhlich singen, Hände, die den Rhythmus dazu klatschen. „Das ist der Normalfall hier“, erklärt Rüdiger Schrade-Tönnißen lachend die musikalische Stimmung auf den Schulfluren.
Musik liegt hier einfach in der Luft, weiß der stellvertretende Schulleiter. Denn die Scholvener Grundschule Im Brömm ist seit Anfang 2013 eine komplett „Singende Grundschule“, ganz nach dem Motto „Klasse, wir singen!“
Und damit absolviert diese Schule im Stadtnorden ein erfolgreiches Pilotprojekt. Jedes der 190 Kinder und jeder der zwölf Lehrer hat in den letzten beiden Jahren Gesangsunterricht im Rahmen des Projektes „Jedem Kind ein Instrument“ (Jeki) genommen. Jeki wurde in Scholven um den Zusatz „Und jedem Kind eine Stimme“ erweitert.
In Zusammenarbeit mit der Musikschule Gelsenkirchen ließ sich das Schulkollegium durch den Stimmbildner und Sänger Teik Poi Tan fortbilden. „Nach anfänglichem Zögern“, erinnert sich Schulleiterin Heike Sulimma, „hat das ganze Kollegium mitgezogen.“ Denn für Lehrer wie Schüler gilt bei diesem Projekt, so Musikschulleiter Alfred Schulze-Aulenkamp: „Das Wichtigste ist die Lust und die Freude am Singen.“
Teilnahme am Chor ist freiwillig
Aus der Aktion „Singende Grundschule“ heraus entstand ein attraktiver Schulchor, der einmal in der Woche gemeinsam mit dem Musikschullehrer Tan im Klassenzimmer nahezu professionell probt. 20 bis 30 Kinder nehmen regelmäßig teil. Stimmbildung, Körperhaltung, Artikulation und Disziplin stehen auf dem Programm.
Das Projekt wird inzwischen vom Förderverein der Schule und der BP Gelsenkirchen getragen und unterstützt. Die Teilnahme am Chor ist freiwillig und findet nach dem Unterricht statt. Dennoch sind die Schüler aus den Klassen 2 bis 4 mit Eifer dabei. Die neunjährige Kristina zum Beispiel: „Ich singe einfach gerne, auch zu Hause, und der Chor macht Spaß.“ Genauso sieht es die gleichaltrige Isabell: „Ich finde es toll, hier viel zu lernen, Noten und Notenschlüssel zum Beispiel, und viele neue Lieder.“ Und Pascal ärgert sich, wenn er nicht als Assistent des Dirigenten nach vorne darf.
Kinder spielen zusätzlich mit Händen und Füßen
Den Song vom Papagei können sie ohnehin alle. Die Kinder sitzen im Halbkreis, Teik Poi Tan gibt den Ton vor. Der Lehrer achtet streng auf alles, was wichtig ist fürs Singen: auf die richtige Körperhaltung, das korrekte Atmen, die deutliche Artikulation. Die Kinder spielen zusätzlich mit Händen und Füßen, und wenn der Lehrer am Klavier begleitet, darf eines dirigieren. Selbst die einzigen zwei Jungen, die mitsingen, sind kaum zu bremsen.
Pädagoge Tan, ausgebildeter Opernsänger, weiß um den Effekt des Chorgesangs: „Die Kinder lernen Teamfähigkeit, Disziplin, schärfen ihre Konzentrationsfähigkeit, stärken ihr Selbstbewusstsein.“ Und bekommen jede Menge Erfolgserlebnisse: „Das prägt fürs ganze Leben.“
Als die Grundschule 2013 100 Jahre alt wurde, machte sie ihrem Namen alle Ehre: Alle sangen auf dem Schulhof. Da wundert es nicht mehr, dass diese Schule sogar ein eigenes Lied besitzt.