Gelsenkichen. . Die Bergbau-Siedlung Flöz Dickebank in Gelsenkirchen gehörte zuletzt dem Wohnungsriesen Deutsche Annington. Den Verkauf an das Bochumer Unternehmen Häusserbau haben manche Anwohner genutzt und dort eine Wohnung gekauft. Jetzt aber merken sie was es heißt, dass die Siedlung unter Denkmalschutz steht.
Zum Teil seit Jahrzehnten leben viele Bewohner in der Bergbau-Siedlung Flöz Dickebank in Ückendorf. Häufig wechselten die Eigentümer der etwa 151 Häuser. Die ersten wurden 1871 gebaut. Im letzten Jahr verkaufte die Deutsche Annington die Siedlung an das Bochumer Unternehmen Häusser-Bau.
Die anfängliche Angst, einem Investor ausgeliefert zu sein, dem es nur um die schnelle Rendite geht, scheint gewichen. Kaufinteressierte fühlten sich fair behandelt. Zumal beide Seiten von dem gleichen Problem betroffen sind. Häusser-Bau wie auch die 17 Bewohner, die ihr Wohnhaus gekauft haben, müssen bei Veränderungen oder nach Reparaturen die strengen Auflagen des Denkmalschutzes erfüllen. 2008 ist die Siedlung unter Schutz gestellt worden. Seitdem ist in einem Gestaltungsleitfaden festgehalten, was sein darf und was nicht.
Hohe Sanierungskosten durch Denkmalschutz
„Wenn ich die strengen Auflagen erfülle und Sprossenfenster einbaue“, klagt Michael Rützel, „müsste ich nicht 5000 sondern 15.000 Euro investieren.“ Sein Haus an der Ottilienaustraße, das zwischen 1906 und 1911 gebaut worden ist, zählt zum Typ E. Das bedeutet, wenn Michael Rützel seine Flächenfenster auswechseln will, muss er anschließend nicht nur Sprossenfenster einbauen, sondern auch die Rollläden entfernen. Auf die aber will der Mann wegen des guten Licht-, Schall- und Diebstahlschutzes nicht verzichten. Auch sähe die Untere Denkmalbehörde gerne Klappläden neben den Fenstern, die schon das Bild der Gründerzeit geprägt hätten. Bei den Haustypen A bis C, die bereits 1871 entstanden sind, werden Rollläden im Parterre geduldet, im 1. Stock nicht. Beim Anstrich pochen die Denkmalschützer darauf, bestimmte mineralische Farben zu verwenden. Sie garantierten Haltbarkeit auf dem historischen Putz. Bewohner kontern: kunststoffvergütete Farben hielten nicht nur länger, sie seien auch preisgünstiger.
Jörg Skopal, der an der Straße Flöz Dickebank eine Haushälfte gekauft hat, zeigt Verständnis für den Denkmalschutz. Doch er erwartet auch auf die Erhaltung der Sozialstruktur schauen sollte. Viele seien schon fortgezogen, 20 Wohnungen stünden leer.
Die Bewohner befürchten, dass die Siedlung durch übertriebenen Denkmalschutz schon bald ihren einheitlichen Charakter verlieren könnte. Heute sind in den Häusern zu gut 90 Prozent Flächenfenster eingebaut. Nach Reparaturen würde die Siedlung durch den Pflichteinbau von Sprossenfenstern eher durch ein uneinheitliches Bild geprägt. „Warum“, so fragt auch Volker Knappstein, „können wir nach erfolgten Reparaturen nicht den gleichen Fenstertyp wieder einbauen.“
Stadt will einen Kompromiss finden
Die Stadt will bei der Gestaltung der Siedlung einen Kompromiss zwischen den Belangen des Denkmalschutzes und den Interessen der Mieter finden. „Wir wollen den Charakter bewahren, ohne moderne Anforderungen zu vernachlässigen“, sagt Clemens Arens, Referatsleiter Stadtplanung. Die Verwaltung sieht Flöz Dickebank als eine der wichtigsten Arbeitersiedlungen, die im Kern das frühere Bild widerspiegeln soll. So sei der Einbau historischer Sprossenfenster auch mit der oberen Denkmalbehörde abgestimmt. Noch gilt die Verbannung von Rollläden in bestimmten Häusertypen. Die Denkmalschützer sind überzeugt, dass es Alternativen als Sonnen- und Sichtschutz gebe. Barbara Schmid, Mitarbeiterin in der Unteren Denkmalbehörde, sichert zu, dass wirtschaftliche Aspekte der Eigentümer mit berücksichtigt würden. Sie verweist auf die Möglichkeit zinsgünstiger Kredite und erhöhter Abschreibungen für Aufwendungen an einem denkmalgeschützten Wohnhaus. Schmid: „Unser Ziel ist der Erhalt eines qualitätvollen Erscheinungsbildes“.
Irritiert von der Kritik der Käufer zeigt sich Beate Düster, Leiterin der Unteren Denkmalbehörde, Sie bittet um Geduld. Einmal monatlich setzten sich die Mitarbeiter unter anderem mit den Prozessbegleitern zusammen. Düster: Wir befinden uns noch in der Abstimmung für die Entwicklung eines Konzeptes. Nichts wird so heiß gegessen wie’s gekocht wird.“
Angst um eine Siedlung