Gelsenkirchen. . Viele Bewohner von “Flöz Dickebank“ fürchteten Kündigungen, nachdem das Viertel durch die Bochumer Häusser Bau GmbH übernommen wurde. Mit einer jüngst unterzeichneten Sozialcharta sollen die Bewohner nun geschützt werden. Kern der Charta ist der bevorzugte Verkauf an Mieter und deren Angehörige.
Einen alten Baum verpflanzt man nicht, heißt es im Volksmund, seine Wurzeln reichen tief und sind fest mit dem Standort verbunden. Ein Umzug könnte die Existenz, alles was geliebte Heimat bedeutet, unwiederbringlich auslöschen. Erst recht, wenn vor Ort eine vermeintliche Heuschrecke Einzug hält.
So oder ähnlich hatten viele Bewohner des Ückendorfer Viertels „Flöz Dickebank“ gedacht, eine der ältesten Bergarbeitersiedlungen des Ruhrgebiets und wertvolles Zeugnis von den Anfängen Gelsenkirchens, als die Bochumer Häusser Bau GmbH im März 2012 neuer Eigentümer großer Teile wurde; mit dem Ziel, die Einzelprivatisierung voranzutreiben. Denn: Nur ein Teil der Mieterschaft ist durch Miet- bzw. Belegrecht (aus dem Bergbau) vor etwaiger Verdrängung geschützt.
Diesen Ängsten beugt die jetzt unterzeichnete Sozialcharta vor, insbesondere überproportional anwachsenden Mieten nach Renovierungen und Modernisierungen – Stichwort Paragraf 559 – gemeinsam erarbeitet vom Immobilienunternehmen, der Stadt, Mietverein und Mieterinitiative. Kern der weitreichenden Vereinbarung ist der bevorzugte Verkauf an Mieter und deren Angehörige; an Dritte, die die Wohnung selbst nutzen wollen, nur, wenn die Wohnung frei ist.
Rücksichtnahme auf Härtefälle
Zudem wird Härtefällen zugesichert, vor einem Verkauf einen lebenslangen Ausschluss von Kündigungen wegen Eigenbedarfs und angemessener wirtschaftlicher Nutzung zu vereinbaren. Weitere Punkte sind die unbefristete Gartennutzung für Bestandsmieter sowie die soziale Prozessbegleitung durch Mediatoren vor einem Verkauf für einen Interessensausgleich zwischen Erwerber und Bewohner. „Das bedeutet, dass das Wohnen auch nach einer Privatisierung bezahlbar bleibt“, sagte Werner Heckendorf, Geschäftsführer von Häusser Bau. Es werde keine Luxusrenovierungen geben, eine Verdoppelung der Mietpreise, wie vielleicht befürchtet, sei am Markt nicht durchsetzbar.
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Die Beratung von Mietern, Kaufinteressenten und Erwerbern übernehmen die Quartiersarchitektin Karin Powileit sowie die beiden Sozialplaner Wolfgang Kiehle und Hendrik Freudenau im Auftrag der Stadt – kostenlos. Sie haben dazu eine wöchentliche Sprechstunde im Heini Wettig Haus, Ottilienaustraße 3a, eingerichtet.
Die Prozessbegleitung, ausgelegt auf vier Jahre, wird durch Landesmittel unterstützt. Häusser Bau und die Verwaltung sind ebenfalls jeweils mit einem Volumen von 50.000 Euro beteiligt.