Gelsenkirchen.

Der erste Eindruck im Hans-Sachs-Haus ist: lichtdurchflutet, transparent, funktional und ein Hauch von Edlem. „Das Ergebnis überrascht uns“, wird zum Ende der Führung das einhellige Urteil von zwölf WAZ-Lesern lauten. Darunter auch Bürger, die einst den Abbruch des baufälligen Hauses für sinnvoll hielten. Im Rahmen der Aktion „WAZ öffnet Pforten“ nahmen sie gestern an einer anderthalbstündigen Führung durch das Haus teil, bevor am Wochenende die Öffentlichkeit das sanierte Rathaus in Beschlag nimmt. Am 2. September zieht die Stadtverwaltung ein.

Noch sind zum Schutz des Bodens einige Bereiche mit Pappe ausgelegt, die Handläufe im Treppenhaus mit Plastikplane umhüllt und die Aufzüge funktionieren auch noch nicht, aber das Haus ist bereits bei der Feuerwehr „aufgeschaltet“. Heißt: absolutes Rauchverbot im ganzen Haus.

Thilo Steinmann, Projektleiter des neuen Hans-Sachs-Hauses, erklärt die Noch-Baustelle. Stadtsprecher Oliver Schäfer nennt ihn den „Beweis dafür, dass die Stadt auch solche Projekte handeln kann“. Die Farben Rot, Grün, Blau und Gelb leiten die Bürger durch das fünfgeschossige Haus in die jeweilige Etage. Das Durchschnittsbüro ist zwischen 19 und 25 m² groß und beherbergt Büromöbel für zwei Mitarbeiter.

Reise in die Vergangenheit

Im Sitzungssaal des Verwaltungsvorstandes in der 5. Etage machen die Leser Station und Josef Horn eröffnet nicht ohne Schalk in den Augen die Sitzung: „Ich darf euch alle begrüßen.“ Christel Sänger stellt beim Blick in die benachbarte Teeküche fest, „dass der Kühlschrank schon angeschlossen ist.“ Auf gleicher Etage liegt das Dienstzimmer des Oberbürgermeisters. „Kleiner als das Dienstzimmer, das er jetzt in Gelsenkirchen-Buer hat“, verrät Stadtsprecher Oliver Schäfer. Vom Schreibtisch des OB geht bei klarer Sicht der Blick über die Feldmark, Halden und Türme.

Für die meisten Leser ist es eine Reise zurück in die Kindheit. Hier haben sie den Papa im Büro besucht, die ersten Tanzschritte mit der Tanzschule Ampütte gelernt, vor dem Standesbeamten gestanden. Heinrich Eising erinnert sich an eine Bewohnerin im „Hotelturm“, die ihre Ballettübungen stets in Evas Kostüm absolvierte. Während der vierjährigen Sanierung des Hans-Sachs-Hauses hat er den kompletten Bauverlauf im Bild festgehalten. Das Haus ist für ihn ein Stück Heimat.

Eine Führung durch Amtsstuben wäre naturgemäß undenkbar, wenn nicht auch das typische Klischee über den Beamtenberuf zur Sprache käme. In einigen Büros im Hans-Sachs-Haus, in denen das Tageslicht nicht ausreicht, brennt künstliches Licht, das automatisch ausgeht, wenn sich niemand im Raum bewegt. „Und wenn der Beamte schläft?“, frotzelt einer. „Der Atem eines Beamten reicht aus, um die Lampen brennen zu lassen“, kontert Steinmann.