Gelsenkirchen. . 15 Jugendliche aus Gelsenkirchen beraten Gleichaltrige in schweren Krisen. Mehr als die Hälfte sind noch sehr jung, gehen gerade einmal in die zehnte Klasse. Aber genau da liegt das Erfolgsgeheimnis – in ihrem Optimismus.

Geahnt haben sie es, dass der Andrang, sprich der Bedarf, dann aber doch so immens ist, das hat alle Beteiligten doch ein wenig überrascht. Die Rede ist von der Peer-Beratung der Gelsenkirchener Caritas, bei der seit dem Start am 23. Mai 15 Jugendliche im Alter von 16 bis 25 Jahren Gleichaltrige in schweren Lebenskrisen anonym und online beraten. Das kann der beängstigende Rosenkrieg sich scheidender Eltern sein, quälendes Mobbing in der Schule, ja selbst der Gedanke an die Flucht in den Tod.

„600 E-Mails sind in den rund zwei Monaten bei uns eingegangen“, sagt Vivien Bredenbrock. Sie leitet das Projekt und hat ein Expertenteam für extrem schwierige Fälle im Hintergrund. Wobei zum besseren Verständnis gesagt sei, dass nicht jede Mail gleichbedeutend ist mit einem Klienten. Im Schnitt haben die Peer-Berater, von denen nicht ein einziger nach der langen (psychologischen) Schulung oder in der Startphase abgesprungen ist (!), bis zu vier Anfragen zu betreuen. „Einige Gesuche haben wir daher auf eine Warteliste gesetzt“, erzählt Bredenbrock. Abgewiesen werde prinzipiell aber niemand.

In der Regel schwere Fälle

Die Mails kommen zumeist aus Gelsenkirchen und dem nahen Umfeld, der digitale Hilferuf hat die rein ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer aber auch schon aus den Niederlanden erreicht. Und: „In 95 Prozent der eingehenden E-Mails handelt es sich um schwere bis sehr schwere Fälle“, resümiert Vivien Bredenbrock nachdenklich. Etwa wenn ein anonymer Nutzer seinen Freitod per Datum und Uhrzeit ankündigt. „Diesem jungen Menschen konnten wir zum Glück helfen. Er lebt, er schreibt uns regelmäßig und er hat allem Anschein nach wieder Fuß gefasst im Leben.“ Und Hoffnung gefunden, denn darum geht es in erster Linie.

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Ein wichtiger Faktor dabei, dass verzweifelte junge Menschen wieder zurück ins normale Leben (und Freude daran) finden, ist sicherlich der Austausch mit ihren gleichaltrigen virtuellen Gesprächspartnern. Das Wort Peer bedeutet aus dem Englischen übersetzt: Gleichaltrige(r), Ebenbürtige(r). „Acht von unseren 15 Peer-Beratern sind gerade einmal 16 Jahre alt und gehen in die zehnte Klasse“, sagt Vivien Bredenbrock. Ihre noch recht ungetrübte Sicht auf die Welt, ihr Taten- sowie Entdeckungsdrang und vor allem ihr ausgeprägter Optimismus in Zukunftsfragen übertrage sich bei der Beantwortung der Mailanfragen nach und nach auf die Hilfesuchenden.

„Ein toller Erfolg“, lobt die Projektleiterin die noch junge Arbeit ihres Teams. Und: „Kein einziger hat sein Engagement bislang bereut oder fühlt sich von der Aufgabe überfordert“, sagt Bredenbrock. In ihren Augen ein klares Indiz dafür, wie „engagiert und belastbar“ die Jugendlichen trotz der Herausforderung und Größe der Aufgabe sind. Folge: Im September 2013 werden weitere Peer-Berater ausgebildet.

Der Bedarf gibt ihnen recht.