Gelsenkirchen. 20 Jugendliche sind dem Aufruf der Caritas gefolgt und lassen sich in Gelsenkirchen zum Peer-Berater ausbilden. Sie helfen Gleichaltrigen, die an Selbstmord denken
Das schlichte Kürzel U25 täuscht über die immense Aufgabe hinweg, der sich die 20 Jugendlichen ab Sommer stellen werden: als gleichaltrige Peer-Berater für selbstmordgefährdete Jugendliche (peer = ebenbürtig), die Anfragen von Hilfesuchenden per Mail beantworten, um ihnen eine bessere, lebenbejahende Perspektive aufzuzeigen.
Dem Aufruf vor ein paar Wochen, sich ehrenamtlich für Gleichaltrige zu engagieren, sind 30 Mädchen und Jungen gefolgt, 20 sind jetzt zur Einführung und ersten Schulung zur Caritas gekommen. Denn: Die 16- bis 25-jährigen Helfer werden nicht einfach auf Hilfesuchende losgelassen, nein, hinter ihnen steht das gesamte Fachpersonal der Caritas. Methe Weber-Bonsiepen, Psychologin und Leiterin des Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie ist federführend, die angehende Lehrerin Vivien Bredenbrock leitet das Projekt.
Beratung nicht Therapie
Beratung auf Augenhöhe – nicht Therapie – das ist der Ansatz. Und so geht es erst einmal darum, sich dem Thema vorsichtig zu nähern, bevor die Schüler und Studenten für die psychologischen Schulungen ab dem 13. April in Gruppen lernen. Dazu verteilt Vivien Bredenbrock unter anderem Fragezettel, auf denen Sätze wie „Menschen, die sich das Leben nehmen, sind . . .“ oder „Gründe für mich aus dem Leben zu gehen wären . . .“ ehrlich zu ergänzen sind.
Und auch eine Analyse einer Antwortmail gehört dazu. „Lieber Beratungssuchender“, erkennt da etwa Jacqueline sofort, „ist völlig falsch als Anrede“. Das schaffe keine Nähe zu einem Gleichaltrigen, sondern bloß abschreckende Distanz. Du und der Vorname seien richtig. Für Staunen und den einen oder anderen Lacher sorgen dann Textzeilen wie „Wegen ihrer Alkoholsucht gehen Sie doch am besten zu . . .“ oder „zuständig für Jobs ist die Agentur für . . .“ Das gehe ja so mal gar nicht, kritisiert Lukas umgehend. „Da fühlt sich der Betroffene eiskalt abgewiesen.“ Bredenbrock nickt zufrieden, die Botschaft ist angekommen, es zählt vor allem das Feingefühl.
Vorbild für Gelsenkirchen ist der Freiburger Arbeitskreis Leben. 40 Helfer beraten dort auf „U25-Freiburg.de“ die Hilfegesuche. Wie alarmierend die Gefährdungslage ist, zeigen die Zahlen der Weltgesundheitsorganisation: Im Durchschnitt nimmt sich in Deutschland alle 56 Minuten ein Mensch das Leben. Die Dunkelziffer bei unter 25-Jährigen ist weitaus größer.