Gelsenkirchen. . Prof. Christoph Wiesenack, Chefarzt der Anästhesie, und der Oberarzt und Leiter der Schmerztherapie am Marienhospital Gelsenkirchen erklärten beim WAZ-Medizinforum, was sie alles tun und können, um Schmerzen rund um Operationen zu lindern bzw. ganz zu vermeiden. Und wofür die sanfte Betäubung und sichere Schmerzbekämpfung sonst noch gut ist.
„Als wir 2010 in Gelsenkirchen anfingen hieß es, der Gelsenkirchener will keine Regionalanästhesie“. Heute wird bei fast jeder dritten Operation (30 Prozent) im Marienhospital - auf Wunsch des Patienten - mit Regionalanästhesien gearbeitet. Welche Vorteile diese Form der Betäubung hat, bei der nur Teile des Körpers bezielt betäubt werden, erklärte Chefarzt Prof. Dr. Christoph Wiesenack in seinem ungewöhnlich anschaulichen Vortrag beim WAZ-Medizinforum im Augustinushaus am Mittwochabend.
Ein Hauptargument für diese Form der Betäubung ist die effektive Schmerzvermeidung bzw. -reduzierung. Weitere sind deutlich verminderte Risiken, das Vermeiden von Verwirrungszuständen nach Vollnarkosen, die Möglichkeit, nach der OP sofort essen und trinken zu können, schnelle Mobilisierung . . . Prof. Wiesenack: „Und wer die Operation nicht wach erleben möchte, bekommt etwas zum Schlafen“, räumt er Befürchtungen aus.
Bei meisten OP möglich
Angewendet werden könnten die gezielten Verfahren, die die Nerven unter Ultraschallüberwachung betäuben oder per Katheter rückenmarksnah – nicht ins Rückenmark! – gespritzt werden, bei fast allen Operationen, auch großen. Bei Entbindungen sind die Verfahren bereits Standard, die Nadeln und die Mittel so weit verbessert, dass Patienten auch nach Spinalanästhesien heute sofort aufstehen können. Nur bei Hals-Nasen-Ohren-Eingriffen und Operationen am Gesicht ist die Regionalanästhesie nicht geeignet. Selbst bei Operationen am offenen Herzen könne sie eingesetzt werden. „Aber nicht alles, was möglich ist, muss man auch machen,“ fügt Wiesenack an. Da ist das Publikum ganz bei ihm. Ohnehin sei die Regionalanästhesie selbstverständlich nur ein Angebot für die Patienten. Nach der intensiven Beratung vor einer OP entscheide der Patient.
Das individuelle Eingehen auf den Patienten als Richtschnur betonte auch Oberarzt Thomas Marx, der Leiter der Schmerztherapie, der gemeinsam mit seinem Chefarzt 2011 das klinikweite Gesamtkonzept für Schmerztherapie erarbeitete und einführte. „Jeder Patient empfindet Schmerz anders. Entsprechend braucht jeder eine individuelle Therapie. Die sich auch im Verlauf der Genesung verändern kann.“ Hilfreich dabei sei der Einsatz von Schmerzkathetern, die eine regelmäßige Basisversorgung mit Schmerzmitteln sicherstelle. Diese könne bei Bedarf mit Medikamenten ergänzt werden. Und dank klinikweitem Konzept und 24-Stunden-Schmerzhotline könne die Nachtschwester auch morgens um drei Uhr schnell auf Wunsch Schmerzen lindern helfen.
Fragen zu allen Fachgebieten
Durch alle Bereiche gingen die Fragen aus dem Publikum. „Funktioniert das auch beim Karpaltunnelsyndrom?“ - Ja, sehr gut sogar. Für diesen Eingriff muss nur eine Betäubung in der Achselhöhle gesetzt werden, der Eingriff dauert höchstens 20 Minuten und kann damit auch ambulant durchgeführt werden. – „Ich hab seit einer Hüftoperation vor zwei Jahren immer Schmerzen bei Belastung. Können Sie mir da helfen?“ Ja, aber in Abstimmung mit Fachabteilungen kann man versuchen, die Symptome zu bekämpfen. Mit Schmerzmitteln und Bewegung. – „Gibt es nicht auch Risiken bei der Regionalanästhesie?“ Ja, es kann Nervenschäden geben und im Extremfall sogar eine Querschnittslähmung. Aber seit die Betäubung per Ultraschall kontrolliert werden kann und die Nadeln noch feiner geworden sind, liegt das Risiko nur im Promillebereich. Es gibt aber Fälle, bei denen sie nicht einsetzbar ist, etwa bei starken Verhärtungen im Rücken. Dann sollte man darauf verzichten. – „Wie ist das bei einer Schlafapnoe?“ Dafür ist die Regionalanästhesie ideal.