Gelsenkirchen. . Im ersten Geschoss an der Gelsenkirchener Liboriusstraße, direkt über dem Café Kontaktzentrum, liegt die Beratungsstelle. Hier arbeitet Leiterin Munevera Ackermann gemeinsam mit ihrer Stellvertreterin und Fachbereichsleiterin Katharina Küsgen. Sie helfen Abhängigen und Suchtgefährdeten ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Dabei haben sie schon viel erlebt.

In der Woche der Suchtvorbeugungskampagne „100% (er)Leben“ starten am heutigen Mittwoch die ersten Veranstaltungen. Die Fachstelle für Suchtvorbeugung Gelsenkirchen hat das Projekt mit zahlreichen Kooperationspartnern auf die Beine gestellt. Unter anderem präsentieren sich auch Gruppen aus den verschiedenen Einrichtungen, so wie die Eltern-Kind-Gruppe der Fachstelle.

Nasses Café und Beratungsstelle

Im ersten Geschoss, direkt über dem Café Kontaktzentrum liegt die Beratungsstelle. Hier arbeitet Leiterin Munevera Ackermann gemeinsam mit ihrer Stellvertreterin und Fachbereichsleiterin Katharina Küsgen. „Hier oben kommen die Abhängigen hin, die sich mit ihrer Krankheit abgefunden haben und sich helfen lassen wollen“, sagt Ackermann. Sie weiß, wovon sie spricht, denn in den 22 Jahren, die sie dort arbeitet, hat sie schon vieles erlebt. „Alleine Pünktlichkeit ist für viele Abhängige schwierig. Sie kennen keinen geregelten Tagesablauf mehr.“

Die Mitarbeiter der Drogenberatung müssen nicht nur einfühlsam mit den „Klienten“ umgehen, sondern sie müssen auch viel Geduld und Verständnis haben. Das Ziel, sich einmal ganz von seiner Abhängigkeit zu trennen, ist in den meisten Fällen außer Reichweite. „Wer 20 Jahre abhängig war, wird 20 Jahre brauchen, um ,sauber’ zu werden“, sagt Ackermann. Erfolgserlebnisse sind dabei schon die kleinsten Schritte. Zum Beispiel wenn jemand von der Straße kommt und sich im nassen Café aufhält, um dort Alkohol in kleinen Mengen zu konsumieren. „Und wenn dieser jemand dann noch den Weg zu uns in die Kontaktstelle findet, ist das noch ein viel größerer Erfolg, denn er bekennt sich zur Sucht“, so Munevera Ackermann, die Beruf und Privatleben strikt voneinander trennt.

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Auftritt in der Öffentlichkeit

Abhängigkeit vergleicht sie oft mit einer chronischen Krankheit. Das eigene Leben findet parallel statt. Als Beispiel führt Katharina Küsgen die Elki-Gruppe (Eltern-Kind-Gruppe) an. „Die Eltern sind süchtig. Durch das öffentliche Bild, das von ihnen verbreitet wird, nimmt man an, dass sie dadurch auch schlechte Eltern sind und das alle Probleme, die zur normalen Entwicklung des Kindes dazu gehören, wie die Trotzphase, durch ihre Sucht zustande kommen.“

In den Beratungen und auch in den Gesprächsgruppen geht es darum, mit der Abhängigkeit zu leben und sich nicht dafür zu schämen. „Deshalb treten die Gruppenteilnehmer auch in der Öffentlichkeit auf“, sagt Ackermann. Sie wollen zeigen, dass sie ganz normale Menschen sind. „Ich arbeite gerne mit ihnen zusammen“, sagt Ackermann. „Diese Menschen haben so viel mehr Kraft als wir. Denn sie müssen sich zusätzlich mit ,Medikamenten’ im Alltag belasten, während wir ohne alles auskommen.“