Gelsenkirchen. Der Feldmarker Kai Twilfer veröffentlicht mit „Schantall, tu ma die Omma winken“ seinen Erstling. Satirisch beleuchtet er darin den Alltag der fiktiven Unterschichtfamilie Pröllmann.

Mit einer Postkarte fing alles an. Kai Twilfers Unternehmen, der für seine Kumpel-Karten bekannte Industriekult-Verlag, musste für ein ganz bestimmtes Exemplar in der Reihe „Ruhrpott für Anfänger/Fortgeschrittene/Profis“ überdurchschnittlich oft Nachschub besorgen. „Schantall, tu ma die Omma winken!“, lautet die so gut laufende erste Lektion der Serie. „Das Buch habe ich um den Titel herumgebaut“, verrät der Autor.

Im September 2011 hat Kai Twilfer mit dem Schreiben begonnen, jetzt ist sein Erstling im Berliner Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf erschienen. „Aus dem Alltag eines unerschrockenen Sozialarbeiters“ ist der Untertitel der 224 Seiten starken Satire. Der Schreiber aus der Feldmark thematisiert den „Kevinismus“, die scherzhaft als Krankheit bezeichnete Neigung von Eltern, ihren Kindern ungewöhnliche, exotische Vornamen zu geben. Twilfer: „Der Kevinismus hüllt das Buch ein.“ Auch Namen wie Justin („Tschastin“) und Cheyenne tauchen auf.

Sozialdienst in Bochtrop-Rauxel

Und darum geht’s im Buch: Der spießige Jochen wird aus der Kulturbehörde der Stadt „Bochtrop-Rauxel“ in den Sozialdienst versetzt. Dort wird er mit der Familie Pröllmann und deren Tochter Chantal und ihrem Alltag zwischen Solarium, Glitzerhandy und Rückentattoo konfrontiert. „Die Familie Pröllmann mit Tochter Schantall ist in meinem Buch so eine Art Prototyp einer deutschen Prollfamilie, die gleich Dutzende Eigenschaften, aber auch Klischees und Skurrilitäten unter einem Dach vereint“, sagt Twilfer und wagt einen Vergleich mit der niederländischen Film-Familie Flodder. Auch auf die wurde mal ein Sozialarbeiter angesetzt.

Zwar würde die deutsche Oberschicht bestimmt auch Material für Satire liefern, aber im Ruhrgebiet begegne man den im Buch überspitzt dargestellten Charakteren doch viel häufiger. Und nicht nur dort. „Der Verleger kommt aus Berlin Marzahn und wusste sehr gut, worum es geht“, lacht der Feldmarker Neu-Autor.

Wie Scripted Reality

Ein Bekannter, der als Sozialarbeiter tätig ist, habe ihn mit Hintergrundinformationen versorgt. Weniger mit tatsächlichen Fällen, sondern mit der prinzipiellen Arbeitsweise in diesem Beruf.

Twilfer fühlt sich von seinem eigenen Buch an Scripted Reality-TV-Formate wie „Berlin Tag und Nacht“ oder „We Love Lloret“ erinnert. Ein Kapitel widmet er sogar einem Lloret-Urlaub. „Das war aber schon geschrieben, bevor es die Sendung gab.“