Gelsenkirchen.

Lange Schlange vor dem Gefängnis: Die, die draußen in Reih und Glied stehen, wollen ganz dringend rein, die, die drin sind, würden liebend gerne wieder raus. Verkehrte Welt am Dienstagabend vor der Justizvollzugsanstalt an der Aldenhofstraße.

Über 400 Menschen

Über 400 Menschen strömten in den Knast. Hinter hohen Mauern und dicken Gittern trafen literarische Mörder auf echte Ganoven. Dem Krimi an der Seite eines Mörders lauschen? Grusel pur.

Lesung mit Joy Fielding

In der blutrot ausgeleuchteten Turnhalle des Gefängnisses las die kanadische Bestseller-Autorin und Krimi-Königin Joy Fielding (67) im Rahmen des internationalen Festivals „Mord am Hellweg“ aus ihrem neuen Thriller „Das Herz des Bösen“. Ein mordsmäßiger Höhepunkt im Rahmen des Festivals und in der Größenordnung ein Novum für die Justizvollzugsanstalt.

Abgezählt hinter Schloss und Riegel

Unter die vielen Besucher aus dem ganzen Ruhrgebiet durften sich auch rund 20 Strafgefangene mischen, um der Lesung mit der prominenten Autorin und der bekannten Schauspielerin Dennenesch Zoudé zu lauschen. Anstaltsdirektor Carsten Heim (53), selbst ein echter Krimifan, auf Nachfrage der WAZ: „Ja, auch ein Mörder ist hier unter uns.“ Und natürlich jede Menge Sicherheitspersonal mit wachsamen Augen.

JVA-Band Panzerfett

Bevor die Autorin mit ihrem Krimi für Gänsehaut sorgte, heizten die hochmusikalischen Knackis von der JVA-Band „Panzerfett“ den Besuchern mit gecoverten Rocksongs wie geschmiert ein. Panzerfett übrigens ist hinter Gittern das Synonym für Margarine. Zum Knast-Krimi hatte auch die Gefängnisküche geöffnet und servierte geschnetzeltes Fleisch in der Gulaschsuppe. Apropos Fleisch: Die triefend rote Blutspur eines brutalen Serienkillers durchzieht den aktuellen Roman von Joy Fielding. Die fand den Ort der Lesung im Gespräch mit der WAZ inspirierend. „Ja, vielleicht kommt er in einem nächsten Buch vor.“ Auf der Bühne lüftete die Autorin manche Geheimnisse aus ihrer Schreibwerkstatt.

Am Ende hatten die Gefangenen Heimvorteil und durften als erste wieder in ihr „Wohnzimmer“. Nachdem alle durchzählt hinter Schloss und Riegel saßen, öffneten sich für die Besucher wieder die Tore nach draußen.