Gelsenkirchen.

Wem nach dem Besuch dieser Ausstellung der Kopf vor lauter Zahlen schwirrt, der hat garantiert genau hingesehen: Denn hier fliegen Einsen durch den Raum, die Zwei trifft eine Drei, und eine Acht tanzt über die ganze Bildfläche.

Scheinbar zahllose Zahlen dominieren das Werk des Kölner Künstlers Egon Karl Nicolaus (1928-1988), dem das Kunstmuseum Gelsenkirchen nun eine retrospektiv angelegte Ausstellung widmet.

"Der Weg der Zahl"

Aus dem umfangreichen Oeuvre dieses Meisters der Zahlen wählte Museumschefin Leane Schäfer gemeinsam mit Marianne Nicolaus, die den Nachlass ihres Mannes verwaltet, rund 75 repräsentative, malerische und zeichnerische Werke aus. Die sind nun unter dem Titel „Der Weg der Zahl“ zu sehen. In der Alten Villa des Museums durchschreitet der Betrachter chronologisch das Lebenswerk des Malers, der die Zahl schon früh als zentrales Motiv seines künstlerischen Schaffens für sich entdeckte.

Überbordende Fröhlichkeit

Zwei Werke, die Mitte der Fünfziger entstanden waren, dokumentieren die ganz frühe, streng konstruktivistische Phase des Künstlers, der sich schon kurz darauf in die Welt der Zahlen vertiefte. Zunächst in einem noch informell anmutenden, gestischen Farbstrudel. Ein Jahrzehnt später konzipiert er Farben und Formen strenger, um sie im Spätwerk wiederum monumental und Grenzen sprengend in Szene zu setzen.

Nicolaus lebte in Köln und Paris, war Schüler von Willy Baumeister, arbeitete auch in Worpswede. Künstlerwitwe Marianne Nicolaus gründete 1996 in Köln die Egon Karl Nicolaus Stiftung mit dem Ziel, das Werk in der Öffentlichkeit präsent zu halten. Denn trotz großer Ausstellungen – unter anderem in der Kunsthalle Hamburg oder im Ernst-Osthaus Museum in Hagen – geriet das beachtliche Werk von Nicolaus nach seinem Tod in Vergessenheit.

Der Mathematik nicht verpflichtet

Nicolaus gilt als Meister der Zahl. Der Mathematik aber fühlte er sich nicht verpflichtet. Marianne Nicolaus: „Die Zahl galt ihm als eine höhere Macht, als etwas Größeres als er selbst.“ Der Weg der Zahl reicht von streng konturierten über rissige, zerfetzte Formen bis hin zu rhythmisch tanzenden, dynamischen Figuren. Die Farben wechseln von überbordend bunt und fröhlich bis hin zu grau-schwarzen Schattierungen. Insgesamt dominiert spielerisch Leichtes. Im Buch über ihn antwortete er auf die Frage „Warum malen Sie Zahlen?“ mit: „Um Ihnen die Welt, in der Sie leben, sichtbar zu machen.“

Den magischen Weg der Zahlen kann der Museumsbesucher nun mit gehen.