Gelsenkirchen. In der Kaue war es am Donnerstagabend eng: Hier gingen Gäste und Gastgeber der Frage nach: Was ist eigentlich Ruhrgebietshumor. Klar ist: Es gibt ihn. Herbert Knebel und Carmela De Feo stellten das unter Beweis.
. „Literatur is wat so inne Bücher steht, wo zum Herzeigen da sind.“ Sagte einst der legendäre Adolf Tegt-meier alias Jürgen von Manger. Und die Menschen lachten. Humor in der Sprache des Ruhrgebiets – und Humor ist die halbe Miete. Vor allem in Gelsenkirchen, wo die Schwergewichte der Komik-, Kabarett und Comedy-Szene sich quasi die Türklinke in die Hand geben. Gern in der Kaue, dem Veranstaltungsort mit dem besonderen Flair von Kultur und Kohle.
Ein idealer Ort, um auf Spurensuche zu gehen. Ruhrpott-Humor, was ist das eigentlich? Tugenden des echten Ruhris zählt Dr. Christopher Schmitt zu Beginn der Gala auf, zu der die Wirtschaftsinitiative Gelsenkirchen in dieses Kleinod an Veranstaltungsstätte geladen hatte. Zuerst falle die Sprache auf und ein gewisser Hang zur Derbheit, aber auch Herzlichkeit und Offenheit. Zwei Edel-Komiker aus dem „Pott“ leben die Tugenden im Verlauf des Abends auf köstliche Weise aus.
Ein Mann für La Signora
Carmela De Feo, La Signora, dieses unglaublich impulsive, agile Temperamentsbündel ist an diesem Donnerstagabend ein brodelnder Vulkan. Weil Valentinstag ist, und „der Christopher“ ihr vertraglich einen Mann zugesichert hat, liegt die schwarze Witwe, die so gern mal wieder zu einer Beerdigung gehen möchte, auf der Lauer. Mit Klappe, Akkordeon und unglaublichem Hüftschwung im engen, knöchellangen Rock. „Am Ohr, am Ohr“, erkennt sie nach der Melodie von „Amor“ den Mann ihrer Träume im Publikum: Dieter Gebhardt. Die Nähe zu Gattin Heike stört sie dabei gar nicht. Herrlich. Die Gäste sind begeistert. Und die Gebhardts – beweisen natürlich Humor.
Kappe auf und Hornbrille XL
Was Herbert Knebel im Jahr seines silbernen Bühnenjubiläums gewaltig stört, sind Dialoge zwischen Mensch und Hund. „Ja wo isser denn? Ja wo isser denn?“ Da muss er einfach klärend eingreifen, wenn der Köter der Frau doch zu Füßen liegt ... Ja, der Herbert. Ist jetzt fit im Internet und sucht seine Lattenrostauflage unter www.wogibbetbilligematrazendieauchpassen.de
Als Zivilist Uwe Lyko hat er ohne Kappe, Brille und Jacke nach dem Gespräch mit Gastgeber Schmitt am Küchentisch ein ganz anderes Problem: „Es brummt.“ Er bekommt ein neues Headset. Ein Brüller für sich, bis das neue Ding sitzt.
Und da es ja um Humor geht: Was haben Frank Baranowski, Oliver Wittke und viele Gelsenkirchener gemeinsam? Ganz einfach: Kappe auf und schwarze Hornbrille XL auf der Nase. Ergebnis des Fotoshootings beim städtischen Neujahrsempfang. Als Dank für „bemerkenswerte Schmerzfreiheit“, so Schmitt, gibt es „Gesichtstassen“ für die Modells.. Die Gäste dürfen alle Gesichter auf der Leinwand anschauen.
Comedy, ein etablierter Bestandteil der Gelsenkirchener Kulturszene
Die Gastgeber haben einen facettenreiches Bilderbuch des Humors aufgeschlagen. Neben erwähnten Konterfeis im Knebelstil gab es eine filmische Hommage an den Ur-Komiker des Reviers. „Ja, hier ist Tegt-meier in Gelsenkirchen.“
Jürgen von Manger in seinen Paraderollen in der Partnervermittlung oder als Schwiegermuttermörder – einfach wunderbar. Im nicht vorhandenen Comedy-Städteranking würde emschertainment-Geschäftsführer Prof. Dr. Helmut Hasenkox Gelsenkirchen weit oben ansiedeln, sagte er bei der von Christopher Schmitt moderierten Talk-Runde. Neben Hasenkox auf dem Sofa: OB Frank Baranowski und Schauspieler Ralf Richter. Die Entwicklung der Gagen beschrieb der emschertainment-Chef so: „Für das, was Herbert Knebel früher hier bekommen hat, würde er heute nicht mal ans Telefon gehen.“ Baranowski, bekennender Fan von Hans-Dieter Hüsch und Hagen Reth-er, hält Comedy für einen etablierten Bestandteil der Gelsenkirchener Kulturszene. Richter verriet, dass der Kalle Grabowski nicht seine Lieblingsrolle war, sondern die in „Rote Erde“. Schauspieler und Regisseur Ulrich Penquitt erinnerte später an den Schriftsteller Michael Klaus, dessen Todestag sich im Juni zum fünften Mal jährt. Penquitt las die Geschichte „Südlich der Wirklichkeit“ aus Klaus’ Tagebuch. Eine Reisegeschichte mit erstaunlichem Ende. Und dann stemmte eine Heerschar von Helfern die logistische Herausforderung: Umbau fürs Büfett inmitten der Gäste. Auch das ist Revier: Man rückt zusammen, bis alles passt.