Gelsenkirchen. Friedel Stein aus Gelsenkirchen wird am Samstag 101 Jahre alt und feiert im engsten Kreis. Das letzte Jahrhundert hat ihn mit Höhen und Tiefen begleitet

„Ich fang wieder klein an“, sagt Gottlieb Friedrich Stein. Der Gelsenkirchener feiert am Samstag seinen 101. Geburtstag und meint mit „klein“ das Weglassen der ersten hundert Lebensjahre. Zwei Weltkriege, das Wirtschaftswunder, denn Fall der Mauer und ein vereintes Europa hat Gottlieb Friedrich Stein miterlebt. Ein bewegtes Leben, was ruhig noch ein paar Jahre so weitergehen kann, wie Stein selbst meint.

Sein Leben begann am 9. Februar 1912. Als sechstes und jüngstes Kind wurde er in Ückendorf geboren. Schon als Kind wurde er nur „Friedel“ genannt. Zurückblickend beschreibt Stein die Nachkriegsjahre des ersten Weltkrieges als die schlimmste Zeit seines Lebens. „Am Kriegsende hatten wir nichts mehr. Überall herrschte Hunger. Ich bekam vier Scheiben Steckrüben mit in die Schule.“

Fünfeinhalb Jahre von der Frau getrennt

Friedel Stein entwickelte sich zu einem leidenschaftlichen Handballspieler. 1934 spielte er bei Gelsenkirchen 77 gegen Schalke 04. „Schalke hatte damals zu wenig Spieler, so dass sie sich die Kollegen vom Fußball ausgeliehen haben“, sagt Stein.

Auf dem Spielfeld kämpfte er nicht zuletzt gegen Ernst Kuzorra. Bis zum 42. Lebensjahr, also bis vor 59 Jahren blieb er dem Handball aktiv treu.

Weihnachten 1939 heiratete Friedel Stein seine Frau Elfriede. Sechs Wochen später wurde er eingezogen. „Fünf Jahre war ich Soldat.

Dann folgte ein halbes Jahr amerikanische Gefangenschaft bis ich meine Frau endlich wiedersehen konnte“, sagt der ehemalige WAZ-Chemigraf und gläubiger Christ.

Topfit bis ins hohe Alter

Kinder waren dem Paar nicht vergönnt. Vor 24 Jahren starb seine Elfriede. „Ich habe alle überlebt, ich musste sie alle zu Grabe tragen. Das ist nicht so schön, wenn man so alt wird.“ Und trotzdem blickt Stein glücklich in die Zukunft. „Wenn ich weiterhin gesund bleibe, kann der Liebe Gott mich ruhig noch ein wenig auf Erden lassen.“

Jeden morgen geht er einkaufen, jeden Mittag in die Kantine essen. Guten Kontakt hat er zu seiner Nichte in der Schweiz. Eine Reise dorthin lässt er sich nicht nehmen. „Das ist die beste Familie, die man haben kann.“

Im Zweiten Weltkrieg als Soldat in Frankreich

Der 100. Geburtstag im letzten Jahr wurde ganz groß gefeiert. Der diesjährige fällt daher ein wenig kleiner aus. Nur im engsten Kreis bei Kaffee und Kuchen. Wie alt möchte der Gratulant noch werden? „Mein Vater erzählte, dass sein Großonkel 114 Jahre alt geworden ist. Das möchte ich noch toppen.“

Ende Januar 1940 wurde Stein in die Tschechoslowakei, nach Karlsruhe und dann für drei Jahre nach Frankreich geschickt. Zum Abschied schenkten ihm die französischen Frauen einer Schneiderei ein Honigbrot für die Fahrt. Einige Jahre später kehrte Stein zurück, doch er traf niemanden mehr an. „Bis heute weiß ich nicht, was mit der Familie passiert ist.“