Gelsenkirchen. . BP reagiert jetzt auf den Vorstoß von Gelsenzentrum und tilgt vom Straßenplan für das Werk Horst Namen, die an industrielle Förderer der NSDAP wie Kirdorf & Co. erinnerten. Einst ehrte die Stadt auch Hitler und Hindenburg.
Treibgas- Öl- und Benzinring, Schwefel- und Rohölstraße weist der Straßenplan für das Werk Horst der Ruhr Oel GmbH aus. Da folgen Namen der historischen Funktion und Produktion im Werk rundum. Dazwischen liegen C-400, N-1300 oder O-1000 – nüchterne Ziffern-Kombinationen haben hier die Bezeichnung übernommen.
Und dann gab es bis vor wenigen Wochen auf dem BP-Gelände immer noch Straßen, deren Namensgeber historisch massiv vorbelastet sind – benannt nach Emil Kirdorf, dem frühen Förderer der Nationalsozialisten. Nach Albert Vögler (1877-1945), dem Generaldirektor der Vereinigten Stahlwerke und Finanzier der NSDAP und nach Gustav Knepper (1870-1951). Der Vorstandsvorsitzende der Gelsenkirchener Bergwerks AG zählte früh zu den Anhängern der Nationalsozialisten.
Zwangsarbeiter und KZ-Außenlager
Die NS-Vergangenheit wird nun endgültig getilgt. Den Anstoß lieferten im Mai 2012 Andreas Jordan und Gelsenzentrum. Der Gemeinnützige Verein für regionale Kultur- und Zeitgeschichte Gelsenkirchen war in aktuellen Plänen (unter anderem auf openstreetmap) auf die Wirtschaftsgrößen mit brauner Vergangenheit gestoßen. „Wir haben BP angeschrieben und um Stellungnahme gebeten.“, sagt Jordan. „Darauf tat sich länger nichts. Im Oktober haben wir uns darauf wieder an BP gewandt.“
Marc Schulte (39), seit Anfang des Monats neuer Leiter Standortkommunikation für die Werke in Horst und Scholven, hat darauf reagiert. BP hat die Bitte um Auskunft zum Anlass genommen, „die entsprechenden Straßennamen im Werk Horst zu ändern. Wieso, weshalb, warum“ sich Kirdorf & Co. so lange gehalten haben, ist für den BP-Sprecher nicht recht nachvollziehbar. Jetzt sollen auf jeden Fall auch die Pläne, die via Internet einsehbar sind, von der NS-Vergangenheit befreit werden. Für Jordan ist es „gut, dass BP aktiv geworden ist“. Auch weil auf dem heutigen Werksgelände in Horst, früher Terrain der Gelsenberg Benzin AG, im zweiten Weltkrieg ein Außenlager des KZ Buchenwald und Zwangsarbeiterlager waren, in denen zahlreiche Menschen ums Leben kamen.
NS-Leitfiguren hat auch Gelsenkirchen früher reichlich gehuldigt: Es gab die Horst-Wessel-Straße (Olgastraße), die Schlageterstraße (Heinrich-Heine-Straße), die Hindenburgstraße (Husemannstraße) und von 1934 bis 1945 den Adolf-Hitler-Platz (Rathausplatz).
Emil Kirdorf, ein früher Förderer des NS-Diktators
Reaktionär und autoritär bekämpfte der Manager Emil Kirdorf (1847-1938) früh die Weimarer Republik und die Gewerkschaftsbewegung. Kirdorf wurde zum frühen Förderer Adolf Hitlers und erschloss den Nationalsozialisten Geldquellen in Kreisen der Industrie. Er lebte in Mülheim Ruhr auf dem „Streithof“ im Uhlenhorster Wald. Zu seinem 90. Geburtstag verlieh der Diktator Kirdorf den Adlerschild, die höchste zivile Auszeichnung des nationalsozialistischen Deutschen Reiches. Auf dem Gelände der Zeche Rheinelbe in Ückendorf nahm Hitler nach Kirdorfs Tod im Juli 1938 an einem pompösen Staatsbegräbnis teil.
Bereits 1917 ernannte die Stadt Gelsenkirchen Kirdorf, der ab 1873 zunächst als kaufmännischer Direktor die neu gegründete Gelsenkirchener Bergwerks-AG zum größten deutschen Bergbauunternehmen machte, zum Ehrenbürger. Am 8. September 1989 wurde Kirdorf die Auszeichnung vom Rat der Stadt Gelsenkirchen wieder aberkannt. Auf einer Gedenktafel am Hans-Sachs-Haus tauchte er allerdings noch 2000 als Ehrenbürger der Stadt auf.