Gelsenkirchen. Dr. Christine Walther ist die Archivarin des FC Schalke 04. Im Keller der Geschäftsstelle lagern Pressespiegel, Fachmagazine, Schalker Kreisel und unzählige Fotos.

Ein unscheinbarer Raum im Keller der Geschäftsstelle des FC Schalke 04 am Ernst-Kuzorra-Weg. Weiße Schränke mit königsblauen Griffen füllen ihn so weit aus, dass nur noch schmale Durchgangswege bleiben. An einer Wand steht ein Schreibtisch mit Computer, Drucker und zahlreichen Kisten, dazu zwei Stühle. Auf dem Boden blauer Teppich mit dem Vereinslogo. Ein Hingucker ist der Raum nicht. Muss er auch nicht sein, denn er kann Geschichten erzählen. Unendlich viele: Hier ist das Vereinsarchiv der Knappen untergebracht.

Dr. Christine Walther ist die Archivarin der Königsblauen, der unscheinbare Kellerraum ist ihr Reich. „Wir lagern hier alle Pressespiegel von 1919 an bis heute“, sagt sie und öffnet eine Schranktür. Dahinter dicke Bücher mit blauem Einband. Es sind die ältesten Zeugen aus der Anfangszeit der Königsblauen. Zum 50. Geburtstag hat der Verein sie von Alex Haffner, Peter Konze und Arnold Henscheidgeschenkt bekommen, steht darin zu lesen. „Das ursprüngliche Vereinsarchiv war in der Glückauf-Kampfbahn untergebracht. Im Krieg wurde es komplett zerstört. Wichtige Dokumente wurden vernichtet“, erklärt Walther.

Mit einem Praktikum fing alles an

Seit 2003 kümmert sie sich um die Geschichte des Vereins. Ein Faible für Sport hatte die 35-jährige gebürtige Recklinghäuserin aber schon immer. Ihre Doktorarbeit in Kulturwissenschaften trägt den Titel „Die Darstellung des Siegers in der Sportfotografie um 1900“. Kein Wunder also, dass vor allem Fotos ihr Steckenpferd sind. „Wir arbeiten derzeit noch daran, alle Bilder zu digitalisieren. Vor allem rund um das 100-jährige Bestehen haben wir da sehr viel gemacht. Derzeit sind rund 70.000 Fotos digitalisiert, 150.000 aber noch nicht.“

Als Christine Walther bei den Knappen im Rahmen eines Praktikums anfing, wurde der Raum im Keller der Geschäftsstelle bereits als Archiv für die Pressespiegel genutzt, wirklich Struktur hat das alles aber erst durch ihre Arbeit bekommen. „Zum 100-Jährigen haben wir in enger Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Gelsenkirchen versucht, so viel Vereinsgeschichte wie möglich aufzuarbeiten. Wir haben das Vereinsregister bemüht und nach wissenschaftlichen Kriterien gearbeitet“, erinnert sich die Vereins-Archivarin. Viele Lücken in der langen Geschichte der Königsblauen konnten so geschlossen werden.

"Die Geschichte soll nicht noch einmal verloren gehen"

Heute funktioniert das System fast reibungslos. In den entsprechenden Schränken lagern die Pressespiegel bis zum aktuellen Datum, dazu die Fachzeitschriften und die Vereinsmagazine. „Viele Dinge haben wir digital und auf Papier. Niemand weiß, ob in 100 Jahren noch jemand die Dateien öffnen kann, die wir heute erstellen. Deshalb wird es doppelt aufbewahrt. Die Geschichte soll nicht noch einmal verloren gehen“, sagt Christine Walther.

Meldet sich jemand beim Verein, der vereinshistorisch bedeutende Dinge zur Verfügung stellen kann, landen die in ihren Händen. „Vor einiger Zeit war der Enkel von Albert Wildfang (1951-1953 1. Vorsitzender des Vereins) mit einem Nachlass hier. Das sind tolle Schätze, die wir nur zu gerne annehmen.“ Was fehlt, sind Dokumente aus der Frühzeit des Vereins. Der Enkel des allerersten Schriftführers des Vereins wäre also jederzeit ein gern gesehener Gast am Ernst-Kuzorra-Weg. Der Platz für Erinnerungen rund um die Königsblauen ist zwar im kleinen Kellerraum fast aufgebraucht. „Dann bekomme ich aber bestimmt den Nebenraum dazu“, sagt Christine Walther und lacht.