Gelsenkirchen. Mit einer Veranstaltungsreihe erinnert das Institut für Stadtgeschichte mit Kooperationspartnern 2013 an den 80. Jahrestag der Machtübergabe an die Nationalsozialisten im Jahr 1933.

Hitler, Nationalsozialismus, Judenverfolgung? Sollte Jugendlichen aus dem Unterricht bekannt sein. Das Problem ist: Heranwachsende befassen sich damit eben nur in der Schule; denn die Zeitzeugen, die lebendig aus ihrem Alltag erzählen könnten, sie sind fast alle tot.

Trotzdem oder gerade deswegen will sich das Institut für Stadtgeschichte (ISG) in Zusammenarbeit mit städtischen Einrichtungen, Initiativen und Verbänden an dieses Kapitel deutscher Geschichte erinnern – im Rahmen einer Veranstaltungsreihe im 80. Jahr der Machtübertragung an die Nazis: 2013.

Unterschiedliche Zielgruppen

Gelsenkirchen erinnert sich: Vor 80 Jahren – was war 1933 und was bedeutet das für heute?“ ist das Programmheft mit 37 Veranstaltungen überschrieben, das OB Frank Baranowski und ISG-Leiter Prof. Dr. Stefan Goch gestern vorstellten. „Uns geht es darum, die Mechanismen bei der Zerstörung der Demokratie in Erinnerung zu rufen und zu fragen, ob so etwas noch einmal möglich wäre“, so Baranowski.

Gedenken an NS-Opfer

Der Kölner Bildhauer Gunter Deming (mit Hut) ...
Der Kölner Bildhauer Gunter Deming (mit Hut) ... © WAZ FotoPool
kam erneut in die Stadt, um ...
kam erneut in die Stadt, um ... © WAZ FotoPool
18 weitere Stolpersteine zu verlegen.
18 weitere Stolpersteine zu verlegen. © WAZ FotoPool
Allein vor dem Haus Bismarckstraße 152 ließ er acht Steine in den Boden ein.
Allein vor dem Haus Bismarckstraße 152 ließ er acht Steine in den Boden ein. © WAZ FotoPool
Der jüdische Vorbeter Nurieh Sommerfeld verlas das traditionelle Totengebet. Hinter ihm stehen Oberbürgermeister Frank Baranowski (li.) und Judith Neuwald-Tasbach, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde.
Der jüdische Vorbeter Nurieh Sommerfeld verlas das traditionelle Totengebet. Hinter ihm stehen Oberbürgermeister Frank Baranowski (li.) und Judith Neuwald-Tasbach, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde. © WAZ FotoPool
Mehr als 27000 Steine hat Demnig seit 1996 in rund 600 Städten...
Mehr als 27000 Steine hat Demnig seit 1996 in rund 600 Städten... © WAZ FotoPool
bisher verlegt - in neun europäischen Ländern.
bisher verlegt - in neun europäischen Ländern. © WAZ FotoPool
Anfangs geschah dies ohne Erleubnis der Behörden, seit 2001 aber mit Zustimmung.
Anfangs geschah dies ohne Erleubnis der Behörden, seit 2001 aber mit Zustimmung. © WAZ FotoPool
Todestag und - ort eingraviert sind.
Todestag und - ort eingraviert sind. © WAZ FotoPool
In Gelsenkirchen verlegte Deming im Jahr 2009 erstmals die Gedenksteine, in die ...
In Gelsenkirchen verlegte Deming im Jahr 2009 erstmals die Gedenksteine, in die ... © WAZ FotoPool
jeweils Name, Geburtsort und -datum sowie
jeweils Name, Geburtsort und -datum sowie © WAZ FotoPool
Der Gelsenkirchener Musiker Norbert Labatzki spielte Klezmer- Lieder auf der Klarinette.
Der Gelsenkirchener Musiker Norbert Labatzki spielte Klezmer- Lieder auf der Klarinette. © WAZ FotoPool
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Dass die Veranstalter unterschiedliche Zielgruppen im Blick haben, dokumentieren Bandbreite und Präsentationsformen der Themen: Die Palette beginnt bei Vorträgen über aktuelle Strukturen der Rechten in NRW (4. Januar), modernen Antisemitismus (5. April) und Zensur im Zeitalter des Internets (5. Juli). Sie führt über Referate zu historischen Themen, etwa über die kulturelle Moderne in der Weimarer Republik und ihre Feinde (18. Februar) oder die „Entjudung“ der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft (24. April). Und sie endet noch nicht bei interaktiven Veranstaltungen, deren Ergebnisse offen sind – Geschichte als individuelle Erinnerungskultur eben.

„Wenn Akteure sich noch beteiligen wollen: nur zu!“

Dazu zählt auch das soziokulturelle Mitmach-Projekt „Steinbruch Demokratie“ (22. April bis 30. Juni) zur Frage, ob Gelsenkirchener die Demokratie als Steinbruch nur ausbeuten oder sich konstruktiv für die „Baustelle Demokratie“ einsetzen. Authentisch dürfte es bei der szenischen Lesung aus Protokollen der Reichtstagssitzung zum Ermächtigungsgesetz (1933) zugehen (6. März), bei den Stadtrundgängen zu Orten ehemaliger jüdischer Geschäfte, Arztpraxen oder Anwaltskanzleien (18. April) sowie bei den Erzählungen einer Ückendorfer Zeitzeugin über Veränderungen ihres Alltags zur NS-Zeit.

Abgehakt haben die Organisatoren das Thema Erinnerungsarbeit mit diesen Veranstaltungen nicht. Goch: „Wenn Akteure sich noch beteiligen wollen: nur zu!“