Gelsenkirchen. . Heimatbund Gelsenkirchen verknüpft beim Rundgang durch den Stadtteil Bismarck Geschichte mit unterhaltsamen Anekdoten und Begegenheiten

Eine Zeitreise in die Kaiserzeit hat der Heimatbund Gelsenkirchen bei einem Rundgang durch Bismarck unternommen. Von einst 380 Einwohnern im Jahr 1818 entwickelte die sich die damalige Braubauerschaft zum florierenden Bergbaustandort. 25 neugierige Teilnehmer ließen sich von Familienforscher Andreas Pörschke an (fast) längst vergessene Orte führen. Der Rundgang bildete den Auftakt des neuen Halbjahresprogramms.

„Dass hier früher der Sellmannsbach offen entlang geflossen ist, wissen die Wenigsten, obwohl sie direkt hier wohnen“, berichtet Teilnehmerin Helga Rüdiger beim Spaziergang in Höhe der heutigen Solarsiedlung. In Bismarck ist die 75-Jährige groß geworden. Sie musste also nicht lange überlegen, als von der Führung des Heimatbundes in der WAZ gelesen hatte. „Ich kenne hier jeden Stein“, sagt sie. Wehmut verspürt das Bismarcker Urgestein trotz aller Veränderungen nicht. „Die meisten Wohnhäuser sind noch da, die Bäume auch, nur die Menschen nicht mehr.“ Viele seien der Arbeit hinter her gezogen, nicht wenige bereits verstorben.

An Jugendtage erinnert

Glanz in den Augen bekommen die Teilnehmer am Hof von „Bauer Ernst“. Viele haben hier glückliche Kindertage verlebt. „Der Torbalken aus dem Jahr 1822 wurde in die nach einem Brand neu gebaute Scheune eingesetzt“, weiß Andreas Pörschke vom Heimatbund. Vorher führt der Weg vorbei an der alten Scheune des Lahrshof.

Pörschke: „Der Hof selbst wurde leider unter unserem Protest jüngst abgerissen.“ Zwischen den einzelnen Stationen berichtet der Genealoge von historischen Ereignissen wie dem Emscherhochwasser oder von der Entwicklung des Industriestandorts Bismarck. Und von Gebäuden, die längst nicht mehr stehen, etwa der Bismarcker Bahnhof, hat Pörschke alte Aufnahmen dabei. „Wo einst der Bahnhof stand, verläuft heute der Ruhrschnellweg.“

Überregional bekannte Kunstarbeiten 

Vor dem Spaziergang besichtigten die Teilnehmer die Christuskirche am Trinenkamp. Pfarrer Dieter Eilert stellte u. a. die Kriegerehrung von Kirchenmaler Rudolf Schäfer im Inneren der neugotischen Kirche vor. „Diese Arbeit ist überregional bekannt“, so Eilert. 1924 gestaltete Schäfer vier Gemälde und 186 Namen auf Marmortafeln zum Gedenken an die Getöteten des ersten Weltkrieges.

„Die theologische Richtung war aber deutsch-national geprägt.“ Heißt: Die Leiden Jesu werden auf den Bildern parallel gesetzt zum Auf- und Niedergang Deutschlands. „Die Arbeit fristete deshalb lange ein Schattendasein.“ Nach kontroverser Diskussion, auch wegen antisemitischer Darstellungen, habe sich das Presbyterium zu einer Restaurierung entschieden – unter dem Gesichtspunkt hier ein historisches Dokument zu bewahren.

Der Name des Stadtteils ist ebenfalls auf die Kaiserverehrung zurückzuführen. Die Umbenennung der Braubauerschaft am 6. April 1900 hat Otto von Bismarck allerdings nicht mehr miterlebt. Bis Ende des Jahres lädt der Heimatbund Gelsenkirchen noch zu 17 Veranstaltungen ein.