Gelsenkirchen. . Von A nach B in verlässlicher Zeit, mit minutengenauen Ansagen zu Verspätungen und Informationen zu Alternativen, Vorfahrt für Bus und Bahn an Ampeln, viel Platz, Gratis-E-Bikes für den Weg von der Haltestelle heim: So könnte Mobilität mit dem öffentlichen Nahverkehr funktionieren.

Wir stellen uns vor: September 2020. Ein ganz normaler Wochentag. Mit ganz normalen Menschen und Bedürfnissen in Punkto Mobilität mit dem öffentlichen Nahverkehr. Wie es sein könnte:

Jan kommt aus der Fachhochschule, checkt sein Handy: Nachricht von Anna. Ob er auf einen Tee vorbeikommen will? – Gern. Aber wohin? – Steinfurthhof 3. – ?!? Wo ist das denn!? Egal, die digitale Efa (Einzelffahrplanauskunft, so heißt das jedenfalls heute im Internet) wird’s schon wissen. Wenige Sekunden nach dem Suchauftrag kommt die Ansage. Fahrtzeit mit zwei Mal umsteigen 29 Minuten, 16,8 Kilometer. Da kommt schon der Bus. Wusste Efa natürlich. Echt praktisch, dass die immer weiß, ob Bus oder Bahn pünktlich sind und wenn nicht, wie lange es noch dauert.

Efa weiß alles

So – zwei Stationen, da lohnt sich das Setzen gar nicht. Oder besser doch. An der Essener Straße steigt nämlich eine ganze Krabbelgruppe ein. Drei Frauen und zwei Männer mit Kinderwagen. Wäre früher gar nicht gegangen. Zu wenig Platz, zu schwierig einzusteigen. Heute rollen die ja einfach überall so durch, egal ob Fahrrad, Kinderwagen, Rollator oder Rollstuhl.

Goldbergplatz? Ich muss raus! Aber flott. – Efa?!? Glück gehabt, die 302 kommt kommt eine Minute später. Da muss man nicht rennen. Ist ja nicht weit, aber rennen mit der dicken Unitasche ist blöd. Vergeblich rennen mit Unitasche ist noch blöder. – Soooo. Wie komm ich denn jetzt heute abend vom Steinfurthhof zu Lukas? Der wohnt schließlich in Bochum und auch nicht wirklich im Zentrum. Muss ich später mal Efa fragen.

Ohne Plastikkarte 

Vorne diskutiert gerade eine ältere Dame mit Rollator mit dem Bahnfahrer: „Junger Mann, ich will zu meiner Freundin. Die wohnt in Schalke. Ich vergess immer, wo ich da aussteigen muss.“ „Wo denn in Schalke?“ „Na, in der Awo, im Heim.“ „Dann müssen Sie gleich schon wieder raus, an der Grenzstraße. Ich sag Ihnen Bescheid, wann- Macht 2,40 Euro.“ Die Dame hatte gleich gesagt, dass sie kein Abo und keine Plastikkarten hat, lieber bar bezahlt als irgendwelche Dauerraten. Das macht zwar kaum noch einer, ist auch ziemlich teuer, aber man darf es noch. Kundenservice eben.

Da meldet sich schon wieder Efa. Ich soll gleich am Bahnhof doch nicht den 381er nehmen, sondern den 340er. Das bedeutet zwar ein paar Meter weiter laufen – oder ein Bogestra-Fahhrad nehmen, das steht ja für Kunden an jeder Haltestelle – aber der 381er hängt hinter einem Unfall fest. Da hilft auch keine Ampelfreischaltung für Busse und Bahnen, die seit ein paar Jahren Standard ist: Wenn es in einer schmalen Straße kracht, geht halt nix mehr. Pech. Aber so schlimm ist es ja auch nicht.

Früher wäre das undenkbar gewesen

Schemannstraße aussteigen, sagt Efa und erklärt mir auch gleich, wie ich jetzt laufen muss und wie lange das dauert. Nachricht an Anna lohnt jetzt nicht mehr, noch 400 Meter. Hauptsache, sie hat denTee jetzt auch fertig. 29 Minuten nach der Einladung – das müsste doch reichen. Efa jedenfalls hat es geschafft, mir binnen weniger Sekunden zu sagen, wie ich zu Lukas nach Bochum komme von hier aus. Über die Stadtgrenze. Das wäre früher unter einer Stunde undenkbar gewesen, sagt meine Mutter. Jetzt geht das in einer halben Stunde. Schneller kann ein Auto das auch nicht.