Gelsenkirchen.

„Wenn der Vorhang fällt, sieh’ hinter die Kulissen, die Bösen sind oft gut und die Guten sind gerissen.“ (Freundeskreis – Wenn der Vorhang fällt)

Gerissen oder gar böse ist beim Emscher Lippe Theater (ELT) freilich niemand – höchstens der Zahn der Zeit, der vor dem Ensemble der Laiengruppe keinen Halt gemacht hat. Das jedenfalls geben die Gründungsmitglieder Falko Jorck (53) und Siegfried Berndt (63) mit wehmütigem Blick als einen der Hauptgründe für das Aus an. Nach 15 Jahren Theater gibt die Truppe mit der Komödie „Der Pfennigfuchser“ ihre letzte Vorstellung.

40 Männer und Frauen zählt das Emscher Lippe Theater, von denen 20 auf der Bühne stehen. Das jüngste Mitglied ist 16, das älteste 63 Jahre alt. Gar nicht so alt, möchte man meinen. Siegfried Berndt widerspricht: „Wir sind alle älter geworden. Die Leidenschaft ist zwar noch da – Willy Millowitsch hat ja auch so lange auf der Bühne gestanden – aber das Lernen der Texte fällt schon schwerer als früher.“ Und obwohl das jüngste Mitglied erst 16 Jahre alt ist, sei dem ELT die Jugend ausgestorben.

Auch sei es um das Engagement im Ensemble nicht mehr so gut bestellt. Böses Blut, wie vermutet werden könnte, sei aber noch nicht im Spiel. Berndt: „Die Motivation ist nicht mehr bei allen so gegeben. Und bevor schlechte Stimmung aufkommt oder sogar Streit, haben wir einen Cut gemacht.“

Zuschauerzahlen waren rückläufig

Einen Zuschuss, sagt Regisseur und Darsteller Falko Jorck, habe das Emscher Lippe Theater nie bekommen: „Das wollten wir nicht. Entweder kommen die Leute oder es klappt nicht.“ Und die Leute sind gekommen. Es sei eigentlich kurios, jetzt einen Schlussstrich zu ziehen, wo man doch ganz oben sei und sich einen Namen gemacht habe. Allerdings, so heißt es seitens der Gründungsmitglieder, seien die Zuschauerzahlen in letzter Zeit leicht rückläufig gewesen.

Das Aus hat sich beim Stammpublikum schon herumgesprochen. „Früher haben telefonische Kartenbestellungen zwei oder drei Minuten gedauert“, erzählt Siegfried Berndt. „Heute dauern die Gespräche bis zu einer halben Stunde, weil viele Menschen über das Ende von ELT sprechen wollen.“ Ungefähr sechs Stammzuschauer hätten sogar geweint am Telefon.

Straff organisiert

Auch im Team werden beim letzten Stück Tränen fließen, ist man sich sicher. „Bei ihm zuerst“, zeigt Ensemble-Mitglied Brigitte Köster auf Falko Jorck. Der hat 15 Jahre lang zwei Stücke pro Jahr umgeschrieben – und außerdem vier Jugendstücke. „Wir machen ganz normales Volkstheater“, sagt Jorck. „Die Leute sollen einfach nur lachen.“ Die Schwanks waren meistens von Ray Cooney oder Gerry Jansen. Im Original dauern die Stücke bis zu zwei Stunden, Jorck kürzte sie auf 90 Minuten herunter. Die Pause setzte er dabei stets nach 60 Minuten. Die erste Vorstellung gab das Ensemble vor 40 Zuschauern. Zuletzt pendelten die Kartenverkäufe zwischen 100 und 400 pro Vorführung.

Das Emscher Lippe Theater war straff organisiert. Sechs bis sieben Monate dauerten die Probephasen. Montags und mittwochs wurde drei Stunden geprobt, dienstags standen zwei Stunden Bühnenbau an. Das ELT-Equipment füllt einen ganzen 7,5-Tonner. Allein die hochwertige Ton- und Lichtanlage mit ihren 72.000 Watt nimmt viel Platz ein. Damaliger Kostenpunkt: zwischen 30.000 und 40.000 Euro. Was mit der Anlage nach dem letzten Vorhang geschieht, steht noch in den Sternen. Einige Darsteller, so Siegfried Berndt, kämen vielleicht in anderen Theatergruppen unter. „Die Ambitionierten schaffen das auch.“ Abgang ELT.