Gelsenkirchen. . Das Tanztheater MiNT bringt mit „Screenshot“ die Probleme, die Heranwachsende schon immer plagten, ebenso bewegt wie bewegend auf die Bühne.
Drei Musiker mit Pilzkopffrisuren betreten die Bühne des Consol Theaters und stimmen „A Hard Day’s Night“ an. Sind wir statt in der Premiere des Tanztheaterspiels „Screenshot!“ etwa bei einem Beatles-Coverabend gelandet?
Nein, das vorgeschaltete Mini-Konzert mit Hits der Fab Four dient als Prolog, der aussagt: Jugendkultur war schon vor 50 Jahren ein Thema, an dem sich die Geister schieden; „die Jugend von heute“ war schon damals in den Augen der Älteren verantwortlich für den drohenden Untergang des Abendlandes.
Der Gelsenkirchener Musiker und Komponist Julian Rybarski und die Dortmunder Tänzerin Rieke Steierl scharten das Tanz- und Musiktheaterensemble „MiNT“ um sich und konzipierten das Stück „Screenshot!“ als abwechslungsreiches Theater für die Sinne.
Ausgrenzung und Herdentrieb
Es geht um Fragen, mit denen sich die heutige (und eigentlich jede) Jugend auseinandersetzen muss: kollektive Verhaltensmuster werden hinterfragt, Ausgrenzung, Modeerscheinungen und Herdentrieb spielerisch aufs Korn genommen, Gender-Fragen (Gleichberechtigung) und sexuelle Orientierung thematisiert.
Wissenschaftlich fundierte, gleichwohl immer wieder satirisch pointierte Sprechtexte („Wir bräuchten einen Fotoshop-Index für alle – wer zuviel nachbearbeitet werden muss, hat schlechte Karten“) gehen Hand in Hand mit Choreographien, die teils aus gängigen Gesten verschiedenster Konnotationen entwickelt werden, teils das Spannungsfeld zwischen Gruppentanz und individuellem Ausdruck ausloten.
Keine Aufführung gleicht der anderen
Rieke Steierl, Sarah Hollstein, Photini Meletiadis (mit einem grandiosen, ausdrucksstarken Solo zum Finale des Stücks) und Sun-Ha Hwang (mit beeindruckenden Akrobatik- und Martial Arts-Einlagen) tanzen bis zur völligen Verausgabung.
Die Musik zitiert Pophits (siehe Beatles), der Großteil besteht jedoch aus neu komponierten Passagen, die elektronische Zuspielungen mit der exzellenten Live-Band (Julian Rybarski, Bass, Gitarre, Gesang; Matthis Plewka, Schlagzeug, Gesang; Thomas Spies, Gitarre) kombiniert.
„Screenshot!“ bietet natürlich keine wissenschaftliche Abhandlung, sondern einfallsreich umgesetzte Momentaufnahmen (eben „Screenshots“), bei denen das Publikum nach Videospiel-Manier über den weiteren Verlauf des Stückes mitentscheiden kann, so dass keine Aufführung der anderen gleicht.
Zum Mitmachen und Mitdenken
Es gibt keine endgültigen Antworten, aber es werden viele Denkanstösse gegeben: „Normal ist, was du dafür hältst, solange dich keiner allzu irritiert anguckt.“ Packendes Tanztheater zum Mitmachen und Mitdenken.
„Screenshot!“ geht nach der Premiere im Consol Theater auf Tournee durch diverse NRW-Städte. Für Januar 2013 ist ein weiteres Gastspiel in Gelsenkirchen geplant. Weitere Termine wollen MiNT auf ihren Facebook-Seiten veröffentlichen.
