Gelsenkirchen. Zuhören ist beim Erzählfestival nicht alles: die Geschichten leben durchs Weitergeben. Der Festival-Auftakt im Park und auf dem Rhein-Herne-Kanal mit Gerhard P. Bosche zog kleine und große Märchenfreunde an.
„Märchenzeit – es ist soweit“, schallte es am Samstag durch den Nordsternpark. Gerhard P. Bosche rief kleine und große Märchenfreunde zur Wiese vor dem Kinderland. Der Auftakt des dritten Gelsenkirchener Erzählfestival zog mächtig. So viele Kinder folgten dem Ruf und unterbrachen ihre Spiele, dass der ursprünglich vorgesehene Platz im Stuhlkreis nicht ausreichte. Bei strahlendem Sonnenschein breitete sich das Publikum schließlich auf dem Rasen aus und lauschte gebannt dem Erzähler, der Erstaunliches über das Meer berichtete.
Finanzierung bis 2016 gesichert
„Das Märchenerzählfestival war 2010 eines der zentralen Projekte des Kulturhauptstadtjahres. Es ist so gut angekommen, dass wir es weiterführen wollten“, sagt Hans-Joachim Siebel vom Referat Kultur der Stadt Gelsenkirchen. So fand die Veranstaltung 2011 seine Fortsetzung als Erzählfestival. „Ganz bewusst haben wir uns entschieden, den Schwerpunkt nicht mehr nur auf Märchen zu legen, sondern auf die Erzählkunst im Allgemeinen. Auch gegenwärtige Geschichten können vermittelt werden.“ Eine Woche lang präsentieren das Referat Kultur und das Consol Theater mit Unterstützung der Bürgerstiftung Gelsenkirchen professionelle Erzähler aus ganz Deutschland, die an verschiedenen Orten in der Stadt die unterschiedlichsten Geschichten erzählen. Dank der Bürgerstiftung ist die Finanzierung des jährlichen Projektes bis 2016 gesichert.
Dabei richtet sich das Programm ausdrücklich auch an Erwachsene. „Das Besondere an den Erzähl-Veranstaltungen ist der Kontakt zu den Künstlern“, verrät Siebel. „Es handelt sich um eine Kunstform, die am Besten in intimer und überschaubarer Atmosphäre wirkt.“
Bilder im Kopf
Gerhard P. Bosche machte am Samstag den Anfang mit dem nordischen Märchen „Warum das Meerwasser salzig ist“. Frei sprechend und mit großer Hingabe erzählte er vom großen, dicken, reichen, geizigen Mann und seinem kleinen, dürren, armen, aber herzensguten Bruder, der vom Teufel eine magische Mühle bekommt. „Psst! Ich will das hören“, zischte ein kleines Mädchen ihren Sitznachbarn an, der mit seiner Süßigkeitentüte knisterte. Am Ende wussten die aufmerksamen Zuhörer dann, warum das Meerwasser nach Salz schmeckt.
„Das Faszinierende an Märchen ist, dass sie die Kreativität fördern, die Zuhörer eigene Bilder entwickeln und damit das Kino im Kopf angekurbelt wird“, sagt André Wülfing vom Consol Theater. Nach der Erzählung im Kinderland gab es am Abend noch eine Erzählschifffahrt mit Gerhard P. Bosche. Thema: „Das Geisterschiff“. Für maritime Atmosphäre sorgte der Dortmunder Shanty-Chor. Am Sonntag ging es im Consol Theater mit der Inszenierung „Ká sira diya – Gute Reise!“ sowie mit Wortjonglagen von Marcus Jeroch und Schröder weiter. „Erzählt die Geschichten weiter“, bat Bosche sein Publikum am Ende. „Denn nicht nur das Zuhören, sondern auch das Erzählen selbst macht Spaß!“