Gelsenkirchen.

Im Frühjahr herrschte helle Aufregung: Wie geht es am Jahresende weiter? Wenn der Fördertopf versiegt, das Stadtumbau-Programm samt Quartiersmanagement Tossehof ausgelaufen ist. Und: Was geschieht mit dem großen Ladenlokal, das einst den Caritasladen Carekauf beherbergte?

Nun, heute geht es wesentlich entspannter zu im Quartiersladen. „Die Stadt hat beschlossen, wegen der Verstetigung weiter zu machen, weil hier mit viel Aufwand etwas geschaffen wurde, dass nicht kaputt gehen soll“, sagt Die Stadt hat beschlossen, wegen der Verstetigung weiter zu machen, weil hier mit viel Aufwand etwas geschaffen wurde, dass nicht kaputt gehen soll.

Herausforderung angenommen

Die Sozialarbeiterin hat 2007 die Herausforderung angenommen. „Das war für mich eine Art Gottesgeschenk“, sagt sie lächelnd. Sie hat den Quartiersladen ans Laufen gebracht, die Menschen und ihre Probleme im Tossehof kennen gelernt, Gruppen aus der Taufe gehoben, Nachbarschaft gefördert, sie war Mädchen für alles. Das alles in enger Zusammenarbeit mit Birgit Wend, die den Stadtumbau Tossehof und City organisiert. Städtebauliche Erneuerung, Wohnen, Wohnumfeld, Verkehr, Zusammenleben im Stadtteil, lokale Ökonomie, Qualifizierung und Beschäftigung auf der einen, Stadtteilmanagement und Bewohneraktivierung auf der anderen Seite – das integrierte Handlungskonzept setzte, was den Anspruch angeht, die Messlatte sehr hoch.

„Vor der Förderung stand die Frage: Lohnt es sich hier einzusteigen? Das kann man heute ganz klar mit Ja beantworten“, meint Birgit Wend. Die Frage stand im Raum, als der Tossehof längst unter einem massiven Imageverlust litt. Innenstadtnahes Wohnen in guter Lage – aber mit erheblichen sozialen Problemen befrachtet. Das war die Ausgangslage, als das „Dorf“, wie die beiden Frauen das Quartier nennen, 2005 ins Stadtumbauprogramm West aufgenommen wurde.

In den Folgejahren ging es Schlag auf Schlag: Wohnungsrückbau beziehungsweise Sanierung, Mehrzweckspielplatz, Verschönerungsmaßnahmen, Quartiersladen – und im Mittelpunkt die Menschen, die hier leben. Als es um die Quartiers nahe Lebensmittelversorgung ging, sprang die Caritas mit ins Boot und eröffnete den „Carekauf“ auf 720 Quadratmetern am Ravenbusch, im Herzen der Siedlung. Im April dieses Jahres musste der Laden nach nur drei Jahren wieder geschlossen werden. Zu wenig Umsatz … Kurz darauf gab es dafür ein anderes, neues Angebot: In Trägerschaft der Gafög eröffnete das Quarto – die Anlaufstelle für Qualifizierung und Arbeit im Quartier Tossehof.

Neuanfang für den Laden 

Zurück zum Laden: Es soll einen Neuanfang geben. Das Konzept für ein Quartierscenter, dass alle maßgeblichen Anlaufstellen unter einem Dach vereint, sieht eine Nahversorgung auf 320 qm vor. Die politische Zustimmung vorausgesetzt – im November liegen die Pläne im Stadtentwicklungsausschuss zur Abstimmung vor – soll umgesetzt werden, was ein Gutachten zu Tage gebracht hat. Grundlage waren 320 intensive Interviews von Wirtschaftsgeografie-Studenten der Technischen Hochschule Aachen mit Tossehof-Bewohnern. „Wir waren alle sehr betroffen von der Insolvenz der Caritas“, erinnern Birgit Wend und Beate Rafalski.

Das Ergebnis des Gutachtens: Ja, ein Laden mit neuem Konzept wird ausdrücklich begrüßt. Oberste Priorität bei den zukünftigen Kunden: Der Laden muss eine Bedientheke mit Frischwaren haben.

Beate Rafalski hat scharf gerechnet: „Wenn die Leute alle vier Tage für jeweils 7,50 Euro einkaufen, geht die Rechnung auf.“ Das Nahversorgungskonzept im Wohnquartier Tossehof werde vom zuständigen Ministerium als Zweck gebunden akzeptiert, so Birgit Wend. Was wichtig ist, da bereits geflossene Fördermittel (Bindungsfrist zehn Jahre) über den Förderzweck definiert würden.

Was nicht ins Förderkonzept passt, aber dennoch entstehen wird, ist der U 3-Bereich, der ans Quartierscenter angedockt wird.

Siedlung findet internationale Beachtung

„Wir sind ein echtes Touristenziel.“ Betae Rafalski schmunzelt. „Wir führen ganz viele unterschiedliche Gruppen durch die Siedlung.“ Studenten, Wohnungsbaugesellschaften … Unbestritten: „Der Tossehof bietet viel Material.“ Und die Siedlung ist auf dem Sprung, internationale Beachtung zu finden. Jedenfalls gehört das Stadtumbauprogramm in Bulmke inzwischen zum europäischen Netzwerk RE-Block und ist dort an der Seite von Stadtbezirken in Budapest, Malaga, Komotini und Iasi. Ziel des Projekts ist die Förderung der Zusammenarbeit bei der Stadtentwicklung und die Unterstützung des Erfahrungsaustausches zwischen europäischen Städten.

Für den Tossehof werden bzw. im Stadtumbauprogramm insgesamt rund 20 Millionen Euro umgesetzt. Dabei fließen Projektgelder aus verschiedenen Töpfen. Aus dem Städtebauförderprogramm wurde beispielsweise der Rückbau finanziert; mit Mitteln des Haus- und Hofförderprogramms wird eine Architektin unterstützt, die seit eineinhalb Jahren unter anderem Hausbesitzer im Quartier bei Modernisierungsmaßnahmen berät.

Um wichtige, im Rahmen der Quartiersarbeit entstandene Gruppen zu erhalten, wird zurzeit an einer Kooperation mit der VHS und dem Seniorenbeauftragten gefeilt. Nächste optische Maßnahme im Quartier: die Umgestaltung des Dörmannsweges. Und dann wäre da noch das Kunstzeichen, entworfen vom Gelsenkirchener Künstler Wolfgang Sternkopf. Es soll als eine Art Wegweiser in der Siedlung Aufmerksamkeit für das neu Geschaffene wecken.