Gelsenkirchen. Nicht nur in Gelsenkirchen setzte er Maßstäbe: der integrative Supermarkt „carekauf“. Doch jetzt musste die Caritas das Aus des Supermarktes bekannt geben. Das Geschäft lief einfach nicht rentabel.

Euphorisch gestimmt waren die Mitarbeiter, als sie im April 2009 zum ersten Mal Waren im „carekauf“ im Tossehof anboten. Jetzt kommt das Aus. Die Caritas, Träger des integrativen Supermarktes in Bulmke-Hüllen, schließt den Laden zum 30. April. Sechs Mitarbeiter werden arbeitslos. Trotz Hilfe aus vielen Händen stand im Jahresergebnis ein Defizit von 35000 Euro. Ein Betrag, den die Caritas nicht mehr stemmen kann.

Das Projekt galt als Vorzeigemodell der Integration schwer vermittelbarer und behinderter Menschen. Der damalige Arbeitsminister Josef Laumann stellte bei der Eröffnung das vorbildliche Engagement aller Beteiligten heraus. So flossen Mittel der Agentur für Arbeit wie auch der Aktion Mensch, des Landschaftsverbandes Westfalen Lippe und der Stiftung Wohlfahrtspflege in das Projekt.

Das Einkaufsverhalten der Kunden wie auch die zahlreiche Einzelhandelskonkurrenz in der Nachbarschaft machten „carekauf“ das Leben schwer. Auch ein Bäcker und der Drogeriemarkt Schlecker hatten im Tossehof aufgegeben.

Eine Million Euro setzte der Markt jährlich um. Zu wenig, um in der Zukunft bestehen zu können, wie ein Gutachter errechnet hatte. „Im ersten Jahr“, so Caritas-Direktor Peter Spannenkrebs, „war der Laden sehr gut sortiert.“ Doch die durchschnittlich 500 Kunden, die täglich einkauften, brachten nicht den Umsatz, der zum Überleben nötig gewesen wäre. Spannenkrebs: „Durchschnittlich zwischen sechs und acht Euro gab jeder Kunde bei seinem Einkauf aus.“ Zwischen 12 und 15 Euro hätten es für einen gesunden Betrieb sein müssen.

Auch Analysen über den Warenumlauf und daraus resultierender Sortimentsanpassung brachten keine Verbesserungen. So musste im ersten Jahr beispielsweise Joghurt im Wert von 9000 Euro vernichtet werden.

Immer mehr konzentrierte sich das Geschäft auf Discountware. Das Warenwirtschaftssystem entsprach dem des Handelsriesen Rewe, der den Laden unterstützte. Der Verkauf zog jedoch nicht so kräftig an, um die niedrigere Verdienstmarge auszugleichen. Durch die allmählich reduzierten Hilfen der Unterstützer wurde es immer schwieriger, wirtschaftlich zu arbeiten. Geschäftsführer Christian Stockmann ist enttäuscht, dass das Engagement aller Beteiligten nicht belohnt worden ist: „Wir haben drei Jahre vor Projektbeginn an einem inhaltlichen Konzept gearbeitet und sind visionär gestartet. Es ist frustrierend, festzustellen, dass es nicht funktioniert hat.“

Doch nicht nur zunehmende Konkurrenz und der Preisdruck machten dem Geschäft zu schaffen. Der Laden liegt ungünstig im Innenhof, Käufer müssen längere Anlaufwege in Kauf nehmen, Parkplätze sind Mangelware.

Auch wenn die Mitarbeiter ahnten, dass das System scheitern könnte, zeigten sie sich geschockt, als sie die Kündigungsschreiben erhielten. Marktleiter Klaus Pollkläsener hatte bis zuletzt gehofft, dass man noch die Kurve kriegt: „Es ist ein harter Schlag für uns Mitarbeiter, aber auch für viele treue ältere Kunden. Wir haben ihnen regelmäßig Waren nach Hause gebracht. Wer hilft ihnen jetzt bei der Versorgung?“