Gelsenkirchen. . In den fünf Ausgabestellen der Gelsenkirchener Tafel werden pro Woche 3500 Menschen mit Lebensmitteln versorgt.
Jeden Morgen setzen die sieben Fahrzeuge der Gelsenkirchener Tafel sich in Bewegung. Die Mitarbeiter steuern von der Zentrale am Nordring aus dann die Spender aus Handel und Industrie an, die Lebensmittel zur kostenlosen Abholung bereitstellen, die nahe am Verfallsdatum sind. Für einen Kostenbeitrag von 2 Euro können Hartz-IV-Empfänger sich an einer der fünf Ausgabestellen im Stadtgebiet eine „gemischte Kiste“ abholen.
Obst, Gemüse, Backwaren, Molkereiprodukte, diverse Kühlwaren, Süßigkeiten, Knabbereien – bei der Tafel bekommen arme Menschen (fast) alles, was der Magen begehrt. Und manchmal sogar Zahnpasta. Hygieneartikel gehören nämlich auch zum Angebot, zumindest theoretisch: „Es könnten mehr sein“, sagt Geschäftsführer Hartwig Szymiczek. Auch eine Drogeriekette steht auf der Liste der Spender, die zumeist die gemeinhin bekannten Discounter sind. „Bis auf Aldi Nord, die geben nichts“, erklärt Szymiczek. Insgesamt sind es 100 Warenspender, die die Tafel-Mitarbeiter jeden Tag anfahren.
Das Gros kommt unverpackt
Mittags werden die eingesammelten Artikel dann am Nordring von Tafel-Mitarbeitern sortiert. Ein Drittel bis ein Viertel der Lebensmittel sind schlecht und werden entsorgt, sagt Sigrid Weiser, die 1. Vorsitzende des 1998 in Gelsenkirchen gegründeten Vereins. „Das ist saisonabhängig. Im Sommer sind natürlich mehr Lebensmittel schlecht als im Winter. Und nach Feiertagen auch, weil die Märkte dann ja nichts verkaufen konnten“, so Weiser.
Zwischen 60 und 80 Prozent der Lebensmittel kommen unverpackt. Bis auf abgepackte Wurst gehört Fleisch nicht zum Sortiment – „zu riskant“. „Mangos, Avocados, Ananas, Auberginen, Kapstachelbeeren – wir haben alle Exoten im Angebot“, sagt Sigrid Weiser. „Wobei Stielmus mittlerweile für viele Leute auch schon ein Exot ist“, spielt Szymiczek schmunzelnd auf die veränderten Essgewohnheiten an.
60.000 Kundenkontakte zählte der Verein im Jahr 2011, 110 Mitarbeiter gehören zum Stab, jeden Tag werden 550 Kinder an elf Schulen mit Pausenbroten versorgt. Wochenweise werden verschiedene Kinder- und Jugendeinrichtungen mit Lebensmitteln versorgt. Es kann also gar nicht genug Essen eingesammelt werden – sollte jedenfalls angenommen werden. Aber von manchen Waren bekommt die Tafel schlichtweg zu viel. „Wir ersticken im Moment in Toastbrot“, sagt Weiser. Brot generell ist ein Ladenhüter. Nicht etwa, weil die Kunden keins wollen, sondern weil zu viel kommt. Das überfüllte Brotregal (nach der Ausgabe!) ist der Beweis. Gleiches gelte auch für Bananen und Erdbeeren.
Ständig auf Suche nach Spendern
Brot bis zum Abwinken war nicht immer da. Szymiczek: „Nach der Sonnenbäcker-Pleite vor etwa vier Jahren tat sich eine Lücke auf. Da mussten wir bei Einzelhändlern Klinken putzen gehen.“ Aber auch heute sei man ständig auf der Suche nach Spendern.
Die vorsortierten Waren landen im Kühlhaus der Zentrale. Am nächsten Tag werden die fünf Ausgabestellen beliefert. „Von 60 Tonnen Lebensmittel pro Jahr war mal die Rede. Aber diese Zahl schwankt“, möchte sich Hartwig Szymiczek lieber auf keine Tonnage festlegen.