Essen.
Bevormundet fühlte er sich, kam wohl mit ihrer Eigenständigkeit nicht zurecht, schlug sie, zwang sie zum Sex. Wegen dreifacher Vergewaltigung und Körperverletzung verurteilte die XVII. Essener Strafkammer den 28-jährigen Gelsenkirchener zu zweieinhalb Jahren Haft.
Im Osten begann die Beziehung der beiden. Im Internet lernten sie sich kennen. Ein Liebespaar waren sie seit 2005. Sie studierte an der Uni Leipzig, er hatte dagegen beruflich nicht richtig Fuß gefasst, arbeitete in einem Call-Center. 2006 zogen sie zusammen. Ein ungleiches Paar, das dennoch harmonierte.
Die Probleme begannen, als die heute 27-Jährige nach abgeschlossenem Medizinstudium eine Stelle in Gelsenkirchen bekam und ins Ruhrgebiet zog. Er folgte ihr kurz darauf, fand tatsächlich einen Job in einem Call-Center.
Angeklagter kam mit seiner Situation nicht zurecht
Die Anklage zeigt, dass der 28-Jährige mit der Situation nicht zurechtkam. Schon im September 2010, kurz vor dem Umzug nach Gelsenkirchen. kam es zur ersten Tat. „Du bevormundest mich“, klagte er und beschimpfte sie. Es kam zu einer Aussprache, zum Versöhnungssex. Doch plötzlich wurde er aggressiv, würgte sie.
Sie hielt weiter an der Beziehung fest, auch in Gelsenkirchen. Doch in schneller Folge kommt es bis zum Frühjahr 2011 zu weiteren Taten. Heftige Gewalt übt er aus, schlägt sie, erzwingt Sex. Erst im März macht sie Schluss, informiert ihren Vater, der mit ihr zur Polizei geht.
"Ich dachte, sie bringt sich um"
„Sie war ‘ne Hülle, ich dachte, sie bringt sich um“, erinnert sich der 53-Jährige. Einige Zeit war sie danach in psychologischer Behandlung, hofft auf den Prozess als Abschluss. Im Vorfeld hatte der Angeklagte ihr über seinen Verteidiger 5000 Euro Schmerzensgeld zahlen lassen, sich entschuldigt. „Ich fand es gut, dass er sich entschuldigt hat“, sagt die Medizinerin. Dass er das Schmerzensgeld zahlte, sieht sie als „’ne nette Geste“. Wichtig findet sie, dass er ihr die Aussage ersparte, indem er ein Geständnis ablegte. Richterin Gabriele Jürgensen fragt, ob sie ihn im Gefängnis sehen wolle. „Ist egal“, sagt sie. Und: „Was soll das helfen?“. Wichtig sei, dass er sich therapieren lasse. Milde urteilt die Kammer, entspricht fast ihrem Wunsch. Für die vom Verteidiger geforderte Bewährung sieht sie aber keinen Raum.