Gelsenkirchen.
Die Zeugin zittert. Sie schildert, wie ihr ehemaliger Lebensgefährte und Vater ihrer zwei Kinder sie im Januar 2010 mit Handschellen ans Bett gefesselt und zum Sex gezwungen haben soll.
Wegen Vergewaltigung musste sich deshalb der 22-jährige Gelsenkirchener vor dem Essener Landgericht verantworten. Er bestreitet. Aussage steht gegen Aussage. Der Mann wird freigesprochen. Die Zeugin kann nicht ganz überzeugen. Deshalb heißt es: Im Zweifel für den Angeklagten.
Sexspiele gehörten zum Alltag in der fünfjährigen Beziehung des Paares. Die Handschellen hingen auch nach der Trennung 2009 noch am Bettgestell in seiner Bottroper Wohnung. Es war eine problematische Zeit. Er war erst knapp 15 Jahre alt, als sie sich trafen. „Richtig verliebt?“, möchte Richterin Luise Nünning wissen. „Geht“, kommt zögerlich die Antwort.
Drohung mit dem Jugendamt
Wunschkinder waren es nicht, die geboren wurden. Jetzt sagt er: „Meine Kinder sind meine Könige.“ Beide berichten von gegenseitiger Gewalt. In der vermeintlichen Tatnacht waren die Kinder, wie so oft, bei ihm. Sie schliefen, als ihre Mutter klingelte. Sie habe auf Wunsch des Ex, den Schnuller für den Jüngsten vorbeibringen sollen, sagt sie. Er sagt, sie sei gekommen, um zu reden, weil er gedroht habe, sie beim Jugendamt zu melden. Er habe bei ihr Drogen auf dem Tisch liegen sehen.
Schwer vorstellbar, so Staatsanwältin Beke Nossek, sei unter anderem ihre Darstellung, dass er sie, nachdem er sie rechts und links mit den Händen an das Bettgestell gefesselt hatte, umgedreht haben soll. Einvernehmlichen Sex schildert dagegen der 22-Jährige.
Völlig verstört sei er gewesen, als am nächsten Morgen die Polizei seine Zimmertür eingetreten habe. Er erzählt auch vom gemeinsamen Sex nach der angeblichen Vergewaltigung. Sie bestreitet das. „Es gibt Punkte, die sprechen für eine Vergewaltigung, andere dagegen“, fasst Nossek zusammen und beantragt Freispruch. „Beide haben sich Verletzungen zugefügt. Beide haben Machtspiele gespielt“, erklärt die Richterin im Urteil. „Es bleiben Fragen offen, die nicht aufzuklären sind.“