Essen/Mülheim/Gelsenkirchen.

Rachekampagne einer enttäuschten Frau oder Straftaten eines Mannes, der die Liebe einer Frau dreist ausnutzte? Vor dieser Frage steht seit Dienstag die XVI. Essener Strafkammer. Laut Anklage hat ein 45-jähriger Gelsenkirchener eine gleichaltrige Mülheimerin, mit der er in Essen eine Wirtschaft betrieb, zweimal vergewaltigt und finanziell übel ausgenommen.

Juristisch klingt es, wenn der gelernte Metzger im Prozess seine Unschuld erklärt: „Der Sachvortrag der Frau ist gelogen.“ Wie gut sein Vortrag ist, muss die Verhandlung klären. Vor vier Jahren hatte er die Mülheimerin kennen gelernt. Sie sei dem Gelsenkirchener laut Anklage hörig gewesen.

Schnell habe er ihre Liebe ausgenutzt. Weil er angeblich ein Mineralwasser in Deutschland vertreiben wollte, bat er sie um 10 000 Euro für den Alleinvertriebsschutz. Sie soll ihm das Geld gegeben und es nie wiedergesehen haben.

Wenige Tage später soll er sie zu einem Treffen auf einen Parkplatz an der A 43 bestellt haben. Als sie sich verspätete, soll er ausgerast sein. Laut Anklage bedrohte er sie mit einer Schusswaffe, nannte sie „Schlampe“ und zwang sie, sich auszuziehen. Nackt nahm er sie mit, gab ihr einen Mantel. Er soll in seine Wohnung gefahren sein, wo er sie mehrfach vergewaltigt haben soll..

Gegenseitige Anschuldigungen

Doch damit ist die Beziehung nicht zu Ende, laut Anklage wird sie sogar intensiver. Beide ziehen zusammen, renovieren zwei Jahre später eine Gaststätte im Westen von Essen, die sie gemeinsam betreiben. Die Anklage listet weitere Straftaten auf: Immer wieder soll er in die Kasse gegriffen haben, soll das Inventar der Wirtschaft über ebay verkauft und sogar ihre Wertsachen aus der gemeinsamen Wohnung gestohlen haben. Auf rund 70.000 Euro summiert sich der Schaden. Und es soll zu einer weiteren Vergewaltigung gekommen sein.

Der Angeklagte bestreitet. Gelogen habe die Frau. Sie sei es gewesen, die die gemeinsame Existenz gefährdet habe, weil sie zu wenig arbeitete. Die vorgeworfenen Sexualdelikte? „Nymphoman und exhibitionistisch“ nennt er sie: „Sie war es, die mich verführt hat.“

Die von der 45-Jährigen geschilderten Taten hat es zwar auch aus seiner Sicht gegeben, sie seien aber ganz anders abgelaufen. Einvernehmlich. Dass er ihr finanziell geschadet habe? „Nein, umgekehrt“, sagt er und legt Verträge und handschriftliche Aufzeichnungen vor. Die Frau selbst wird nichtöffentlich gehört.