Essen. Es war ein Abgrund, in den das Gericht laut Richterin Luise Nünning „nur ansatzweise“ blickte. Eine Mutter aus der Neustadt, die bei der Vergewaltigung und Entjungferung ihrer eigenen Tochter half.
Vier Jahre und drei Monate muss die 39-jährige Gelsenkirchenerin laut Urteil der V. Essener Strafkammer in Haft. Ihr 28 Jahre alter Freund, ein Gelsenkirchener irakischer Herkunft, der das Kind vergewaltigt haben soll und die Taten bestreitet, wird vermutlich im September vor Gericht stehen. Er soll das anfangs zehn Jahre alte Kind alle zwei Tag zum Sex gezwungen und außerdem seine Freundin und seine Ehefrau misshandelt haben. Die Gewalt gegenüber den Frauen erklärt aber nur zum Teil, warum es zu den Taten der Mutter kam.
2005 lernte die Angeklagte, die im Büro arbeitet, den elf Jahre jüngeren Mann aus der Nachbarschaft, einen Lkw-Fahrer, kennen. 2007 verließ die verheiratete Mutter von vier Kindern ihre Familie, zog in die Nähe des ebenfalls verheirateten Freundes, der eigene Kinder hat. Seiner Frau stellte er die Freundin als weitere Frau vor. Sie führten eine Doppel-Ehe, die jüngste Tochter der Freundin lebte bei ihr.
Nichtöffentlich sagt die Mutter aus. Doch die Vernehmung des Kindes beim Amtsgericht wird vorgelesen. Sie lässt ahnen, welches Martyrium es durchlitt. Wie es sich 2007 auf Befehl der Mutter ausziehen muss, von ihr festgehalten und vom Freund vergewaltigt wird. „Herzlichen Glückwunsch“, sollen die Erwachsenen die Entjungferung kommentiert haben.
Im Oktober 2009 soll der Freund die 39-Jährige aufgefordert haben, ein Sex-Video nur mit Mutter und Tochter zu drehen, damit er etwas gegen sie in der Hand habe. Tatsächlich bringt die Mutter die mittlerweile Zwölfjährige dazu. Dreimal filmt sie, wie sie sich an der Tochter vergeht.
Ende Februar verlassen Freundin und Ehefrau den Mann, gehen ins Frauenhaus, nehmen 11 000 Euro von ihm mit. Entrüstet geht er zur Polizei, zeigt sie wegen Diebstahls an und zeigt das Sex-Video, um die Freundin zu belasten. Doch die Polizei glaubt ihm nicht. Es gibt ein weiteres Verfahren gegen ihn. Da soll er eine weitere, ältere Tochter der Frau missbraucht haben. Aber es war eingestellt worden, weil die Mutter offenbar den Freund geschützt und falsch ausgesagt hatte. Sie sei abhängig von ihrem Freund gewesen und als Kind selbst vom Stiefvater missbraucht worden, gab die Angeklagte an. Viel Anteilnahme erfuhr sie dadurch nicht. „Die Kinder haben lebenslang als Strafe, sie müssen jeden Tag damit klar kommen“, mahnte Staatsanwalt Gabriel Wais. „Sie hat zwei Kinder in Lebensgefahr gebracht“, sagte Opfer-Anwältin Gudrun Doering-Striening.