Gelsenkirchen. 40 Jahre sind sie verheiratet. Dann die schreckliche Bluttat am Morgen des 4. Juli 2011 in der Wohnung in Buer: „Ich wurde um acht Uhr vom Wecker wach“, schildert der 69-jährige Gelsenkirchener.
Nach dem Toilettengang habe er das dreizehn Zentimeter lange Messer aus der Küchenschublade geholt und seiner noch schlafenden Frau (63) in die rechte Brust gestoßen.
Eine Notoperation rettete ihr Leben. „Sie hat mich immer kommandiert und ausgeschimpft. Das zahl ich ihr irgendwann heim, habe ich gedacht“, sagt der 69-Jährige vor dem Essener Schwurgericht zum Hintergrund seines Angriffs. Gleichzeitig betont er, er habe nicht gewusst, was er tat. Versuchter Mord ist der Tatvorwurf.
Aber der Mann ist psychisch krank. Die Staatsanwaltschaft geht von seiner Schuldunfähigkeit aus. In der für vier Tage geplanten Verhandlung strebt sie seine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an. „Ich kann ihm nie mehr in die Augen schauen“, sagt die 63-jährige Ehefrau. Sie will ihrem Mann niemals mehr gegenübertreten.
Aussage über Video
Das wird ihr auch im Prozess erspart. Ihre Aussage wird über Video in den Gerichtssaal übertragen. Sie berichtet vom März 2011, als ihr Mann versuchte, sich – ebenfalls mit einem Küchenmesser – das Leben zu nehmen. Neun Wochen verbrachte er anschließend wegen Depressionen in der Klinik. Wenig später setzte er seine Medikamente ab. Es ging ihm schlechter. Eine gesetzliche Betreuung war geplant. Am Tattag war der Besuch der Betreuungsrichterin angekündigt. Alles zu viel für den Mann. Er fürchtete Nachteile durch die seiner Meinung nach unordentliche Wohnung. Auch das lastete er seiner Frau an.
Eigentlich habe er geplant, so der Beschuldigte, sich nach dem Angriff auf die Ehefrau ebenfalls das Leben zu nehmen. „Mit einem Föhn in der Dusche“, sagt er, aber dazu habe ihm der Mut gefehlt.
Er scheint locker und gelassen, auch als seine Frau auf dem Fernsehschirm erregt die Tat schildert und von ihren schrecklichen Schmerzen nach dem Messerstich spricht. Dem 69-Jährigen geht es jetzt gut in der Landesklinik. Auch seine Frau fühlt sich in einer betreuten Wohnung „so weit ganz gut“. Das Geschehene kann sie allerdings immer noch weder „glauben noch begreifen“.