Essen. Unterdrückte, ausgenutzte Ehefrau oder doch nur eifersüchtig? Das Geständnis von Delik T. (32), die im Sommer vor dem Amtsgericht Gelsenkirchen auf ihren getrennt von ihr lebenden Ehemann schoss, gibt darauf keine eindeutige Antwort. Vor dem Essener Schwurgericht spricht sie von Angst.
Selbstbewusst wirkt die Angeklagte, spricht akzentfrei Deutsch. In Gelsenkirchen ist sie geboren, entspricht scheinbar westlichen Wertevorstellungen. Nachdem ihre erste Ehe gescheitert war, lebte sie zehn Jahre als alleinerziehende Mutter mit ihrem Sohn zusammen. Trotzdem folgte die in einem Bottroper Krankenhaus arbeitende Krankenpflegehelferin im April 2007 dem Vorschlag ihrer Tante, einen zwei Jahre jüngeren Mann aus der Osttürkei zu heiraten und nach Deutschland zu holen. "Er war mir sympathisch, sagte Vernünftiges", erzählt sie vom ersten Treffen in der Türkei. Wenige Tage später heiratete sie ihn. "Sie sind eine attraktive junge Frau", leitet Richter Andreas Labentz seine Frage ein, warum sie diesen Weg gewählt habe. "Ich wollte wieder eine Familie haben", antwortet sie.
Im August kam er nach Gelsenkirchen und soll sein Verhalten sofort geändert haben, nachdem er die Aufenthaltserlaubnis erhielt. "Er beschimpfte und demütigte mich, war nur noch mit Freunden in türkischen Restaurants", erzählt sie. Er habe auch intimen Kontakt abgelehnt. Sie habe ihn gefragt, warum er sie geheiratet habe. "Für Deutschland", habe er geantwortet, erzählt sie und ergänzt: "Das tat weh, das war schmerzhaft."
Als sie ihn schließlich bei der Ausländerbehörde anschwärzte und mitteilte, dass sie getrennt in der gemeinsamen Wohnung lebten und er zurück in die Türkei solle, habe er angefangen, sie zu bedrohen. Auch mit einem Messer. Zum Scheidungstermin am 26. August 209 habe sie deshalb eine Pistole mitgebracht: "Nur zu meinem Schutz."
Doch da habe er, der mit seiner neuen Freundin vor dem Gericht stand, sie so demütigend angeguckt: "So abwertend." Da habe sie abgedrückt und ihn im Rücken getroffen. "Ich konnte mich nicht mehr steuern." Er lief weg, sie hinterher. Erneut schoss sie: "Ich dachte, ich hätte ihn vorher nicht getroffen." Dann flieht sie, er überlebt, wird im Krankenhaus gerettet.
Das Schwurgericht wird klären müssen, ob ihr diese Geschichte abzunehmen ist. Offenbar hatte Ali T. seine Frau im Frühjahr 2008 verlassen und war nach Hagen gezogen. Er soll auch mehrere Anzeigen erstattet haben. Angeblich soll er von den Brüdern seiner Frau geschlagen und bedroht worden sein. Eine feste Arbeit im Restaurant seines Onkels hatte er gefunden, war eigentlich unabhängig. Und es gibt Hinweise, dass die Brüder der Angeklagten auch schon ihren ersten Ehemann mit einer Pistole bedroht haben sollen. Delik T. verneint, die Waffe von einem Bruder erhalten zu haben. Nichts sagt sie dazu, dass sie eine Beziehung zu einem anderen Mann aufgebaut haben soll. Das Schwurgericht hat vier weitere Termine angesetzt.
Polizei fasst Täterin nach Schießerei vorm Gericht