Gelsenkirchen.

Es muss eine Firma der Ahnungslosen gewesen sein, die nach Erkenntnis der Staatsanwaltschaft gezielt Senioren betrog. In 9613 Fällen soll die an der Weberstraße in der Gelsenkirchener City sitzende Firma Gewinnspiele im Internet vermittelt haben, die nichts wert waren. Aber davon wollen die vor der I. Essener Strafkammer Angeklagten nichts mitbekommen haben.

Die Masche scheint einfach zu sein. Gezielt wurden Kunden angerufen, deren Personaldaten den Firmen wie „Alphaphone“ oder „Alphascout“ schon vorher bekannt waren. Das Angebot: Für 29 beziehungsweise 44 Euro monatlich würden sie bei 200 Gewinnspielen im Internet eingetragen. Sollten sie innerhalb von sechs Monaten nichts gewinnen, dann gäbe es auf jeden Fall die Beiträge zurück.

Die bittere Realität laut Anklage: Die Kunden wurden gar nicht erst bei den Gewinnspielen eingetragen, Geld zurück gab es auch nicht. Oft entdeckten die Opfer Abbuchungen auf ihren Kontoauszügen, obwohl sie dem Angebot gar nicht zugestimmt hatten. Den Schaden im Tatzeitraum von April bis Dezember 2008 beziffert die Staatsanwaltschaft auf 830.000 Euro.

Angeklagter erschien nicht

Die Anklagebank ist gegenüber der ursprünglichen Anklageschrift deutlich reduziert. Der Kopf der Gruppe, ein 45-Jähriger aus Dinslaken, soll sich nach Istanbul abgesetzt haben. Nach ihm wird mit Haftbefehl gesucht. Ein weiterer Angeklagter, ein 49-jähriger aus Dortmund, zog es zur Überraschung seines Verteidigers Günter Klose am Dienstag zum Prozessauftakt vor, gar nicht erst in Essen zu erscheinen.

So blieben die 42 Jahre alte Ex-Lebensgefährtin des mutmaßlichen Haupttäters und ein 39 Jahre alter Jurastudent, der in der Firma nach eigenen Worten nur für die Bearbeitung von Beschwerden zuständig war. Davon gab es wohl reichlich. Staatsanwalt Marcus Schütz spricht von 43 Stehordnern mit Widersprüchen. „Die Kunden hatten zum Teil keinen Computer“, hält er dem Angeklagten vor, „die saßen im Altenheim“. Die Angeklagte war für die Firmen zwar als Geschäftsführerin bestellt worden, doch tatsächlich will sie mit dem Geschäft nichts zu tun gehabt haben.