Gelsenkirchen/Wattenscheid. . Die Kirche muss sparen. Der Evangelische Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid will sich von voraussichtlich zehn seiner 27 Kindertagesstätten trennen. Ziel sei, sie in andere Trägerschaften zu überführen.

Die Botschaft hat Außenwirkung. Und froh machte sie nicht. Der Evangelische Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid wird in den nächsten drei Jahren voraussichtlich zehn seiner 27 Kindertagesstätten aufgeben.

In Gelsenkirchen sind wohl sieben Einrichtungen betroffen. Ziel sei, sie in andere Trägerschaft zu überführen, so Superintendent Rüdiger Höcker, der die 260 Mitarbeitenden der Kindergartengemeinschaft Dienstag im Gemeindehaus Altstadt über Trennungspläne und Ursachen informierte. Ohne Schockwellen auszulösen „Vor allem die Kindergartenleiterinnen kannten ja die Problematik, die sich mit Kibiz eröffnet hat“, stellte Kirchenkreis-Sprecherin Katharina Blätgen fest.

Das Kinderbildungsgesetz lässt der evangelischen Kirche trotz anstehender Revision kaum wirtschaftlichen Spielraum. Demnach, rechnet Höcker, würden die Einrichtungen in den kommenden drei Jahren ein Defizit von rund 800.0000 Euro ansammeln. Zehn Prozent der Kirchensteuereinnahmen fließen in die Arbeit der Kitas. Macht im Jahr 949.000 Euro. Für seinen 12-prozentigen Trägeranteil bringt der Kirchenkreis aktuell 1,2 Mio Euro aus. Tendenz steigend. Personalkosten und Kibiz-Folgen bleiben nicht ohne Wirkung, gleichzeitig rechnet der Kirchenkreis mit deutlich einbrechenden Kirchensteuereinnahmen. Laut Höcker klafft aktuell eine Finanzierungslücke von 40 000 Euro, bis 2013/14 wird sie auf 300 000 Euro wachsen. Hinzu kämen Millionen, die aus Höckers Sicht investiert werden müssten, um die Raumkonzepte in den evangelischen Kitas den Kibiz-Erfordernissen anzupassen. „Um der Kinder willen müssen wir ehrlich bekennen. Allein sind wir dazu nicht mehr in der Lage.“

Gespräche zwischen Stadt und Kirche

Bei der Stadt war man vorbereitet. „Der Kirchenkreis hat uns letzte Woche mitgeteilt, dass er finanzielle Probleme sieht. Wir haben nicht gerade damit gerechnet, aber befürchtet, dass so etwas in der Größenordnung auf uns zukommt“, sagt Alfons Wissmann, Leiter des Referats Erziehung und Bildung. Zwischen Stadt und Kirche soll es bald Gespräche geben. Dann will Wissmann ausloten: „Wo sind die Standorte, was stellt sich die Kirche vor?“ Sobald es weitere Konzepte gebe oder feststehe, welche „Einrichtung wir als Träger aufgeben, werden wir die Öffentlichkeit weiter informieren“, verspricht Höcker. Und: „Der Kirchenkreis ist bemüht, den notwendigen Rückbau nicht auf dem Rücken der Eltern, Kinder und der Mitarbeitenden auszutragen.“

„Wenn die Privaten aussteigen, müssen die Kommunen ran. Das Gesetz zwingt uns dazu. Das wird eine Herausforderung. Aber eine schlichte Übernahme wird es nicht geben“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann. Gelsenkirchen trifft die Trennungs-Ankündigung zur denkbar schlechten Zeit. Wissmann: Wir sind nicht auf dem Rückzug, sondern auf dem Weg des Ausbaus.“ Das gelte vor allem bei den Betreuungsplätzen für die Unter-Dreijährigen. „Wir streben bis zum 1. August 2013 eine Quote von 32 % an. Jetzt sind wir bei 18%. Wir brauchen noch ungefähr 1000 Plätze.“ Die Belastungen für Gelsenkirchen werden jetzt auf jeden Fall größer. 53 Einrichtungen laufen bislang unter städtischer Regie. „Auch in Zukunft“, macht Wissmann deutlich, „braucht man keine Angst um die Betreuungsqualität haben.“

Schwierige Situation für Mitarbeiter

Sorgen nimmt auch der Superintendent: „Alle Kinder, die aktuell in unseren Kindergärten betreut werden, werden auch im kommenden Jahr in dieser Einrichtung ihren Platz haben.“ Für die Beschäftigten, macht die Mitarbeitervertretung deutlich, „ist dies eine ausgesprochen schwierige Situation“. Christiane Wegers, Geschäftsführerin der Kindergartengemeinschaft betont: „Es schmerzt, gute Arbeit von erfahrenen Erzieherinnen nicht fortsetzen zu können.“